Frustration

Ich bin frustriert.

Die ersten Politiker haben schon den genialen Plan: wir werden dicht machen.

Nicht jetzt. Das stört das Geschäft.

Nicht Weihnachten. Das mag der Wähler nicht.

Lass es uns zwischen den Jahren und in der ersten Januarwoche machen. Da haben eh die meisten Urlaub. Da stört das nicht.

Für mich ist Silvester mit der wichtigste Zeitpunkt im Jahr. Weil ich mich da mit befreundeten Familien treffe. Wir machen da keine wilden Parties. Und sind auch nur wenige Haushalte, die sich aber über mehrere Tage treffen.

Und vorher auch ein paar Tage kontaktarm verbringen.

Und es kann sein, dass genau das wieder nicht passieren wird. Letztes Jahr haben wir uns dann mit zwei Familien getroffen. Genau im Bereich der Corona-Regeln, weil damals die meisten Kinder glücklicherweise noch unter die 14 Jahre-Regelung fielen. Allerdings mit ein bisschen schlechten Gewissen bei manchem der Familienmitglieder.

Das können wir dann dieses Jahr vielleicht wieder machen. Während man dann in einigen Häusern mitkriegt: sind ganz schön viele Leute für die bestehenden Regeln.
Dieses Jahr würde das dann noch schlimmer werden. Wenn man sieht, dass wir jetzt das Problem haben, aber dennoch gut besuchte Fussballstadion mancherorts. Na ja, Köln, die kennen sich noch vom Karnevalsauftakt.

Wir müssen uns keine Gedanken über potentielle Viruszuchtstationen in Wuhan machen. Wir können uns da die Forschung sparen, wir machen Feldversuche.

Die Lösung scheint zu sein: lasst uns einfach noch 3 Wochen machen, und dann können wir ja mal was durchziehen. Ich gehe da vollkommen mit. Vielleicht könnten wir solange den Bundestag schließen und die Politiker auf Intensivstationen arbeiten lassen? Geht jetzt wegen fehlender Ausbildung nicht, aber vielleicht können sie wenigstens die Klos im Krankenhaus schrubben.

Ich habe keinen Bock mehr. Ich bin gerade in der Stimmung, in der ich mir sage: ich bin geimpft, meine Familie ist es, die Wahrscheinlichkeit auf schwere Erkrankung ist damit auf ein tragbares Niveau runter – und ich halte mich jetzt nur noch ganz genau an das, was vorgeschrieben ist, und nicht mehr an weitergehendes wie „Bitte halten Sie Kontaktbeschränkungen freiwillig ein.“ Ich bin soweit, dass ich mir sage: „Mein Gott, dann verreckt doch alle (Abzug: Leute die ich mag) und lasst mich in Ruhe.“

Das blöde ist nur, dass dann irgendwann die Stimme kommt, die sagt: „Na ja, erstens gibt es genug Leute, die nicht geimpft werden können oder deren Immunsystem nicht in dem Maße von einer Impfung profitiert. Die schädigst Du damit.“ Anders gesagt: ich komme aus der Nummer so einfach dann nicht raus.

Ich halte mein momentanes Vorgehen, welches seit 1 ¾ Jahren beispielsweise meine Kontakte stark reduziert hat (was für einen Westfalen ja schon kurios ist), für weiterhin sinnvoll. Das ist sowieso mein Problem: ich halte keine Regeln ein, weil es Regeln sind. Ich halte Regeln ein, wenn sie Sinn machen. Wenn sie keinen Sinn machen, dann fange ich auch an, sie auszunutzen und zu interpretieren. Mein hauptsächliches Problem ist glaube ich, dass ich die mathematischen Modelle (Wahrscheinlichkeitsrechnung, Exponentielles Wachstum) und die medizinischen Hintergründe (beispielsweise Wirkung des Immunsystems) hinter der Epidemie zumindest ansatzweise verstehe. Und das ich nicht zu Vereinfachungen neige („Wenn die Impfung da ist, sind wir alle geschützt“ statt die Fakten wie „wirkt zu x% und es könnte mit der Zeit nachlassen“) Ohne das wäre vieles leichter für mich.

Aber es fällt mir immer schwerer, wenn ich sehe, dass es vielen Leuten so am Arsch vorbeigeht. Auf der anderen Seite: für die Leute mach ich das ja auch nicht.