Ich oute mich mal: ich bin Corona-Kritiker. Genauer gesagt SARS-CoV-2-Kritiker.
Warum? Für einen Virus ist es sinnvoll, möglichst ansteckend zu sein, dabei aber die Wirte am Leben zu halten.
Schafft SARS-CoV-2 nicht. Idiot.
Ich sehe auch einiges rund um Covid-19 skeptisch. Leider auch die Kritiker und Skeptiker.
Dabei gibt es durchaus Grund zur Kritik. Und ich kann auch Kritiker verstehen. Nur nicht den Hauptteil der Kritik.
Beispiele:
- Die Masken schützen nicht.
Da gibt es dann leider schon Studien, die sich mit dem Schutzgrad beschäftigen. Und die sind dann doch fundierte als „Ein Typ, den ich zwar nicht kannte, aber der ist Hausarzt, der hat gesagt…“ - Die Masken sind Maulkörbe.
- Richtige Maulkörbe sind dafür da, damit Hunde nicht beissen. Die Masken würden noch nicht mal Mike Tyson davon abhalten, seine Kollegen zu beissen.
- Maulkörbe im übertragenen Sinne sind es es auch nicht. Falls jemand durch die Maske am Sprechen gehindert wird, sollte er tatsächlich mal zum Arzt.
- Covid19 ist nicht schlimmer als Grippe
Bisherige Zahlen besagen das Gegenteil.
Ich halte es tatsächlich für möglich, dass in der Nachbetrachtung Corona nicht schlimmer als Grippe sein wird. Trotz der bisherigen Zahlen. Ich halte es allerdings nicht für wahrscheinlich.
Mir machen aber Leute Angst, die das jetzt schon genau wissen.
Die Erwachten, die andere als Schlafschafe bezeichnen, lasse ich mal ganz weg, das hat nichts mit Diskussion zu tun. Das sind aber auch bei den Corona-Demos nicht alle.
Das ist ein eigenes Problem, und über diese Verschwörungsmystiker haben schon genug andere geschrieben.
Aber selbst wenn wir die weglassen, haben wir noch genug Probleme in der unsere Diskussionskultur und in unserer Politik. Und das trifft nicht nur für die Kritiker zu.
Nein, wir wissen nicht, ob wir es besser machen als die Schweden. Wir werden es sogar nachher nicht wissen. Wenn wir da einen Wettkampf machen wollen, dann müssten wir eine Formel finden wie
„Sinken des Bruttoinlandproduktes geteilt durch Menschen multipliziert mit Mortalitätsrate multipliziert mit der Glücklichkeit der Menschen plus eins, wenn die Schulabgänger nicht dööfer sind als die vor ihnen“
Ich muss leider ein bisschen ausholen.
Wenn ich Kritik äußere, dann kann ich das an verschiedenen Punkten: - Fakten
- Interpretation der Fakten
- Maßnahmen aufgrund der Interpretation
Fakten:
Bei den Fakten fällt auf, dass die Datengrundlage auch jetzt noch schwammig ist.
Dunkelziffer.
Unterschiedliche Berechnung der Zahlen in unterschiedlichen Ländern.
Zu kleine Mengen von betrachteten Fällen in den Studien (z.B. Heinsberg-Studie mit nur 7 Toten)
Das ist kritisierbar, aber ich erwarte an den ersten beiden Punkten keine Besserung.
Es fällt mir zusätzlich aber auf, dass die Faktenlage sich in der Öffentlichkeit nur mit der Anzahl der (Neu)Infizierten, der Anzahl der Toten und mit ein bisschen Glück dem R-Faktor beschränkt.
Juchuu, Zahlen.
Mich würde aber zum Beispiel interessieren: wie ist eigentlich momentan die Todesrate bei den Infizierten? Die ist gefühlsmässig mittlerweile niedriger sein (ich habs vorhin mal überschlagen: sie ist deutlich über der Rate bei Grippe, allerdings nur vor Dunkelziffer. Wenn ich eine Dunkelziffer von 1:10 annehme, lande ich dann unter der Gripperate. War aber nur ein Überschlag)
Mich würde interessieren: wie groß ist der Anteil von Leuten, die mehr als 1 Monat nach der Heilung noch Probleme mit Nachwirkungen hat (und noch genauer: welche Nachwirkungen)
Es gibt da noch weitere interessante Fragen – für die Bewertung wäre es wichtig, mehr als nur die Toten und die Infizierten zu betrachten.
Auf der anderen Seite: Laschet war schon überfordert, als nach der Zahl der Infizierten dann noch der R-Faktor als zweite Zahl auftauchte…
Das sind aber alle epidemologische Fragen.
Zusätzlich Fragen sind aber:
Was passiert mit unserer Wirtschaft?
Was passiert mit der Umwelt?
Wie ändert sich das Sozialverhalten?
Wie ändert sich das Lernen bei den Schülern?
Wie ändert sich die Zahl der Selbstmorde?
Wie ändert sich das Lebensglück der Menschen?
Das sind valide Fragen (Nicht valide sind hingegen Äußerungen dazu wie „Es sterben doch mehr Leute an Selbstmord wegen der Corona-Maßnahmen als an Corona“)
Leider Dinge, zu denen ich eher weniger was lese. Weniger, nicht gar nicht.
Die Interpretation der Fakten (vor allem der Zahlen) lasse ich mal aus, um gleich die Maßnahmen zu betrachten:
Hier habe ich den größten Redebedarf.
Aus rein epidemologischer und virologischer Hinsicht machen die drei Hauptmaßnahmen (Abstand, Maske, keine Großveranstaltungen) Sinn.
Das machen die aber auch bei Grippe oder Noroviren oder allen möglichen anderen Angreifern.
Jetzt ist Covid-19 vermutlich eine andere Nummer als Norovirus oder Grippe.
Wir müssen also Maßnahmen treffen und wir haben bei jeder Maßnahme Nachteile. Und bei jeder dadrauf basierender Untermaßnahme.
Und dabei ist ehrlich gesagt die Sache mit den Masken die am meisten angegriffene, aber selten fundiert.
Es wird da gerne mit ausgelösten Hautkrankheiten gearbeitet (die Bilder dazu kann man dann allerdings mit Google-Bilderrückwärtssuche den eigentlichen Quellen zuordnen) oder mit CO2-Konzentration im Blut (die natürlich keiner von denen Behauptenden je gemessen hat).
Oder es wird die Wirksamkeit der Masken bezweifelt, weil die Viren doch so klein sind.
Der Fehler, den viele Kritiker machen – man muss vielleicht sogar sagen: glücklicherweise – ist: sie versuchen die Masken auf dem gleichen Gebiet zu bekämpfen, nämlich der Naturwissenschaft oder der Medizin. Und das machen sie dilletantisch.
Tatsächlich bin ich mir gar nicht sicher, ob momentan die Maskenpflicht nicht falsch ist. Und zwar nicht, weil die Masken nichts bringen.
Weil sie nur halbherzig umgesetzt wird (viele Leute kriegen sie nicht über die Nase) und weil sie mit der Zeit als Mittel der Wahl ausleihert.
Masken bringen nur was, wenn ein Großteil (müssen gar nicht alle sein) sie richtig einsetzen.
Maskenpflicht könnte so eine Art Schwert sein, dass halt irgendwann stumpf ist, wenn wir sie doch wieder brauchen.
Was aber viel schlimmer ist, sind die eingeschränkten Kontakte. Und zwar gerade bei Kindern und Jugendlichen, alten Menschen und kranken Menschen.
Wenn z.B. Menschen mit leichter Hilfsbedürftigkeit in Krankenhäusern gar keinen Besuch bekommen dürfen, ist das IMHO undurchdacht.
Es kann bei Kindern und jugendlichen zu Entwicklungsverzögerungen und -einschränkungen kommen und vermutlich auch (da fehlen mir aber Werte) zu psychologischen Problemen (oder bei einer Vergrößerung des Problems bei Kindern, die schon ein solches hatten)
Was mir zu kurz kommt: wir haben gerade die Infektionszahlen zum Wichtigsten erhoben. Das war im März zu Beginn der Krise auch richtig. Und damit waren auch Virologen und Epidemologen wichtig.
Jetzt müssen aber andere Experten mehr einbezogen werden. Sogar Ethiker und Psychologen. Und das fehlt mir.
Kritik halte ich auch für sinnvoll an der Uneinheitlichkeit zwischen den Ländern.
Im Saarland sollen fehlende Masken im ÖPNV (gibt es da überhaupt welchen?) mit 500 Euro, in Berlin mit 50 Euro bestraft werden.
Ich finde Föderalismus gut. Aber das ist kein gut gelebter Föderalismus. Wir haben auch eine einheitliche Regelung für Schwarzfahrer in der Bahn oder für Schnellfahrer auf der Autobahn.
Und so einen gemeinsamen Bussgeldkatalog brauchen wir auch für Corona.
Und möglichst sogar einheitliche Regelungen.
Und wir sollten mal überlegen, warum eigentlich bei Corona-Verstößen die Sätze riesig sein müssen. Und auf der anderen Seite ja noch weniger geahndet werden als zu schnell fahren.
Für 200 Euro bei Zusammenkünften mit zu vielen Leuten könnte ich schon mit Tempo 100 durch Mörfeldens Innenstadt rasen.
Es hat so ein bisschen von „Wir haben keine Ahnung, aber Law and Order wirkt immer“.
Wenn ich mir was wünschen würde, wären es also kritische Diskussionen, aber basierend auf Fakten und der sinnvollen Einbeziehung von Unsicherheiten.