Ich habe gestern ein interessantes, bejubeltes Posting gesehen:
„Amelie Fried: „Ganz ehrlich, die Debatte darum, ob unsere Grundrechte derzeit zu Recht eingeschränkt sind und wir uns schon auf dem Weg in eine Diktatur befinden, geht mir unglaublich auf die Nerven.““
Es ist Frau Fried natürlich unbenommen, dass es ihr auf die Nerven geht, aber mir geht es auf die Nerven, wie wenig differenziert Menschen an Themen rangehen.
Erstmal ist es vollkommen in Ordnung, wenn Menschen über Grundrechte debatieren oder härtere oder schwächere Maßnahmen für richtig halten. Sie sollen dafür bitte einfach nur ordentlich argumentieren.
Man sollte sich einzelne Maßnahmen mal genauer angucken, bevor man sämtliche Leute als unverantwortlich betrachtet, die Maßnahmen für unsinnig ansehen.
Beispiel:
Viele Leute scheinen sich einig zu sein: Leute, die Demos abhalten wollen, sind unverantwortlich.
Dabei wird übersehen, dass es bei den Maßnahmen darum geht, die Anzahl und die Dauer der Kontakte zwischen Menschen zu minimieren.
Wenn also die Veranstalter von Demos es schaffen, dass beispielsweise zwischen den Teilnehmern genügend Abstand da ist und die sogar noch Mundschutz tragen, dann ist die Gefahr durch die Demo weitaus geringer als beim Einkauf im Baumarkt – der für viele Leute scheinbar zum Grundbedürfnis gehört.
Versammlungsfreiheit und Demonstrationsrecht sind ein wichtiges, lange erstrittenes Grundrecht. Sie einfach generell zu kippen, weil es Leute mit zu wenig Fantasie gibt, halte ich für gefährlich.
Mal profaner:
was spricht gegen Sonnenbaden oder auf einer Bank ein Buch lesen? Solange die Abstandsregeln eingehalten werden…
Es ist momentan tatsächlich möglich, Versammlungen von 2 Leuten aufzulösen, die sich zu nahe kommen. Oder 3 mit beliebigem Abstand.
Wir treten gerade wirklich unsere Grundrechte in die Tonne und jubeln dem Ganzen auch noch zu.
Die Zustimmung zu den Corona-Maßnahmen sinkt auch deswegen. Und das ist echt gefährlich.
Es ist ja nicht so, dass die Maßnahmen Quatsch sind. Aber die Abwägung zwischen Corona-Rechten und anderen Rechten scheint mir sehr wackelig zu sein.
Ich sehe es mal andersrum: Menschen, die sich nur noch auf „es ist alles gut und nicht kritisierbar, was die Regierungen von Bund und Länder momentan unternehmen“ beschränken, sind eine weitaus größere Gefahr für unsere Demokratie als Corona für uns ist.
Und auch nicht ungefährlicher als die Leute, die Corona für Quatsch halten.
Ich verstehe, wenn Leute Angst haben vor einer ekelhaften Krankheit. Aber Angst sollte man sich stellen. Denn Angst frisst das Hirn auf.