Es ist Wahlzeit. Ich lese viele Berichte in den Medien darüber, welchen amerikanischen Präsidenten wir wählen sollten. Wenn wir dürften. Es fehlt nur die Wahrheit: die Wahl war schon.
Gewählt wurde schon im Juli – nicht von 250 Millionen Amerikanern,
sondern von den Parteitagen der Demokraten und der Republikaner. Was ist
der Unterschied zwischen Trump und Clinton?
Trump ist ein Milliardär, der jedes Steuerschlupfloch und jede
staatliche Subvention ausgenutzt hat und gleichzeitig auf den Staat
schimpft, an dessen Tropf er immer hing. Menschenrechte oder genauer
gesagt die Rechte aller Menschen, die nicht Donald Trump heißen und
einen ausgedienten Putzlappen auf dem Kopf tragen, sind ihm einerlei.
Ein Vertreter der Reichen, der aber gerne gegen das Establishment
anschreit, dessen groteske Ausgeburt er ist.
Hillary Clinton ist eine Karrierefrau, die jede Connection ausnutzt,
derer sie habhaft werden kann. Sie ist gut vernetzt in der Wall Street.
Menschenrechte oder genauer gesagt die Rechte aller Menschen, die nicht
ihrer politischen Karriere förderlich sind, sind ihr einerlei.
Wo ist denn da die Wahl? Wo bleibt eigentlich der wirkliche Vertreter
des kleinen, vom Establishment enttäuschten und verratenen Mannes?
Und wo ist die Gefahr? Trump wird uns gerne als große Gefahr verkauft.
Aber stellen wir uns doch einfach mal vor, dass der nächste US-Präsident
auf den roten Knopf drückt und den weltweiten Atomkrieg auslöst. Wenn
er/sie dann vor Gericht gestellt würde, was nicht anzunehmen ist, was
würde er/sie zur Verteidigung sagen?
„Meine Assistenten haben berechnet, dass ein atomarer Erstschlag meine
Wiederwahl zu 80% sichert und gleichzeitig die Aktien meiner engsten
Verbündeten mindestens um 250% steigen lassen wird.“
Das wäre Clinton.
Hysterisches Lachen. Dann: „Ich bin Donald Trump. Ich durfte das.“
Gut, die Beweggründe sind unterschiedlich. Die Auswirkung nicht.
Was soll Trump sonst noch machen? Soll er ein illegales Gefangenenlager
errichten, in dem teilweise Unschuldige jahrelang ohne Anwalt
festgehalten werden? Und wenn sie dann entlassen werden, keinerlei
Möglichkeit auf Entschädigung bekommen? Dann hätte
Friedensnobelpreisträger Obama Guantanamo vielleicht erstmal schließen
müssen.
Als Deutscher hat man es aber nicht einfach, wenn man darüber schimpfen
will, wie bescheuert das amerikanische Wahlsystem ist. Das ist übrigens
wirklich. Es machte vielleicht mal vor 200 Jahren Sinn. Heute könnte man
einfach alle Menschen an einem Tag über ihren Präsidenten abstimmen
lassen. Dass gibt es in anderen, nach unserer Lesart undemokratischen
Staaten wirklich. Da braucht man keine Delegierten nach Washington
schicken. Die reisen eh nicht mehr per Postkutsche, sondern mit dem
Flugzeug. Aber es hilft dem Establishment: wenn man den
Bundespräsidenten direkt wählen würde, vielleicht träfe es dann doch
noch mal einen gescheiten Menschen…
Da lobe ich mir unseren Bundespräsidenten: den wählen wir noch
bescheuerter. Den wählen einerseits die Bundestagsabgeordneten,
andererseits genauso viele von den Parlamenten gesendete Wahlmänner. Das
können abgehalfterte Politiker sein, die man nicht in Brüssel
verklappen konnte (man spricht auch von bestoibern oder veroettingern),
aber auch der Milchmann der Landtagspräsidentin oder der Schauspieler,
der immer so schön den Chefarzt verkörperte. Und wählen dürfen die auch
nicht jeden, sondern die Konsenzkandidaten der jeweiligen Parteien –
abgehalfterte Politiker, die man nicht in Brüssel verklappen konnten,
oder Leute, von denen man befürchtet, sie könnten irgendwann mal Politik
machen, wenn man sie nicht als Bundespräsident beschäftigen oder als
Bundespräsidentenkandidat verheizen kann.
Lustig war die Kurzmeldung, dass Frau Käßmann Bundespräsidentin werden
sollte. Das gab gleich einen Aufschrei. Die ist ja vor 6 Jahren mit 1,6
Promille aus dem Verkehr gezogen worden. 1,6 Promille: das ist bei einer
Frau ihrer Größe und ihres Gewichtes eineinhalb Maß Bier oder noch
nicht mal eine Flasche Wein. Umgerechnet: der Stimulus, den ein
durchschnittlicher CSU-Abgeordneter braucht, um überhaupt Vorschläge
auszusondern.
Dann doch lieber Frank-Walter Steinmeier. Einen der SPDler, die mit der
Agenda 2010 das S aus dem Namen der Partei tilgte. Ich finde das
positiv: der Mann ist so langweilig, der wird das dann 20 Jahre machen,
weil wir zwischendurch vergessen werden, dass es den Posten des
Bundespräsidenten überhaupt gibt. In 20 Jahren fragt dann der
Bundesrechnungshof, warum wir eigentlich so viel Geld ausgeben…
Ich persönlich wäre aber für Oettinger. Gut, den haben wir in Brüssel
verklappt. Deswegen kriegt man so wenig von ihm mit. Der wäre aber ein
Bundespräsident, der an die guten Traditionen eines Heinrich Lübke
andockt: „Meine Damen und Herren, liebe Schlitzaugen…“.