Ich muss heute etwas gestehen: ich bin ein Rechter und ein Nationalist. Das wusste ich vor kurzem auch nicht, bis ich endlich politisch aufgeklärt wurde. Ich bin nämlich gegen TTIP. Und damit ist man ab jetzt rechts. Stand auf Spiegel Online, und die müssen es ja wissen.
Obwohl: es ging um Anti-TTIP-Aktivisten. So aktivistisch bin gar nicht. Ich bin nur einfach gegen TTIP. Aber wer halt gegen Freihandel ist, der ist nun mal rechts. Wobei: ich bin gar nicht gegen Freihandel. Die meisten anderen TTIP-Gegner glaube ich auch nicht.
Aber was hat jetzt TTIP mit Freihandel zu tun? Freihandel ist, wenn scheinbar keiner weiß, wie die Regeln des Handels sein werden, weil es hinter verschlossenen Türen verhandelt wird. Sogar die Abgeordneten dürfen sich nicht ordentlich darüber informieren.
In den Zeiten, in denen eigentlich genügend Werkzeuge für Transparenz vorhanden sind, verhandeln die Unterhändler lieber unbeobachtet. Das klingt nicht sehr demokratisch. Aber eine amerikanische Elite-Universität hat schon herausgefunden, dass es sich bei der USA gar nicht um eine Demokratie handelt. Das passt schon.
Ich bin übrigens auch gegen private Schiedsgerichte, die dann die verschiedenen Klagen der amerikanischen und deutschen Firmen bearbeiten. Ich finde es auch ganz spannend, dass so viel Wert auf Rechtstreitigkeiten und ihre Beilegung gelegt wird. Es klingt ein bisschen so, als würden sich beide – USA und EU – einig drüber sein, dass man sich eh nicht vertragen wird.
Was mir überhaupt nicht passt: wie schnell man in eine politische Ecke gerückt wird, von der man eigentlich nichts hält.
Wobei: so sehr in die Ecke gerückt wurden wir Anti-TTIPler ja gar nicht. Wir werden so verschwiegen. Jeden Montag wird über einen Haufen Lügenpresse-Rufer geschrieben, die in der Presse behaupten, dass die Presse sie gar nicht genug beachten. Die 50fache Menge an Menschen kam in Berlin zur Anti-TTIP-Demo zusammen. Die wurden dann besser nicht beachtet, bevor noch mehr Wähler merken, dass es TTIP überhaupt gibt.
Schön ist auch, auf welchem Level wir angekommen sind. Sigmar Gabriel himself verteidigt TTIP. Chlorhühnchen sind nämlich nicht schlimm. Chlor ist auch im Hallenbad, in das wir unsere Kinder schicken. Vieleicht sollte ihm einer mal erzählen, dass man die Kinder nicht isst. Seine Frau wird es danken.
Ganz ohne Getöse und private Gerichte hat sich die EU übrigens mit einem fortschrittlichem Staat auf Freihandel geeinigt. Vietnam heißt der.
Zurück zum knufigsten SPD-Politiker seit Kurt Beck.
TTIP-Sigmar Gabriel und Hartz 4-Gerhard Schröder werden im Ruhestand einmal sagen: „wenn wir es nicht gemacht hätten, hätte es ein anderer gemacht.“ Den Spruch kennen wir eigentlich noch ganz gut von früher. Nur: SPD funktioniert nicht, wenn sie nur die CDU nachmachen. Da kann man gleich CDU wählen. Man wählt ja auch das Medikament und nicht das Nachahmerpräperat. Außer das Nachahmerpräperat kommt einem viel billiger. Davon merke ich aber nichts.
Die SPD macht Gabriel zum Zugpferd. Das funktioniert doch nie. Höchstens als Ackergaul.
Die USA zeigen uns übrigens momentan auf, dass man einen europäischen Konzern auch ohne TTIP angreifen kann. Und die Frage ist wirklich: haben das Forscher herausgefunden oder doch eher der NSA? Keine Ahnung. Aber Angst macht mir, dass man das zweite überhaupt mit gutem Recht für möglich halten kann.
Ich warte bei VW noch immer darauf, dass der größtmögliche Aufklärer auftaucht und den Laden aufräumt. Roland Koch ist noch bekannt, oder? Bei dem hatte man sich gefragt, ob er nach dem Rückzug als Boss von Hessen den Vorstandsposten bei Billfinger Berger verdient hat.
Koch war der brutalstmögliche Aufklärer. Der war so brutal. Bilfinger-Berger hat er beispielsweise Pfusch beim U-Bahn-Bau nachgewiesen und als Strafe für die Firma sich als Vorsitzenden eingesetzt. Nachhinein kann man zusammenfassen: er hatte den Vorstandsposten nicht verdient, aber Billfinger Berger hatte ihn verdient. Eine Gesellschaft für das Verschwindenlassen von Dingen – Papiere, Stahlträger, Stadtarchive. Da passte Roland Koch gut an die Spitze.
Vor kurzem sah ich ein Bild, dass die Frage stellte, wo der Unterschied zwischen IS und Saudi-Arabien liegt. Beide sind ja Meister der Enthauptung. Die erste Frage dazu war: ist das nicht islamophob? Erstaunlich. Wenn man gegen das Hinrichten von Menschen mittels Schwert oder Beil ist, dann ist man schon gegen den Islam. Da kenne ich einige Muslime, die sehr stark islamophob sind. Und eine Menge anderer, die plötzlich sehr islamophil sind, unter anderen eine Menge Republikaner. Ach nee, die stehen mehr auf Giftspritze und elektrischen Stuhl, dass hat dann gar nichts mit dem Islam gemein.
Der Iran sagte übrigens die Teilnahme an der Buchmesse ab. Grund: der Auftritt von Salman Rushdie ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte, da dieser im missbrauchten Namen der Meinungsfreiheit mehr als eine Milliarde Menschen beleidigt.
Man braucht heute gar nichts mehr beweisen, nur noch diskreditieren. Gewinnen wird dann derjenige, der auf der richtigen Seite diskreditiert.
Die Hamburger haben gegen Olympia gestimmt. Das hätten sie nicht tun sollen. Jetzt sind sie Feiglinge und Kleingeister. Sie leiden unter der Deutschen Angst.
Vielleicht hatten sie auch keine Lust, ein Olympisches Komitee zu unterstützen, das als eine der größten Gelddruckmaschine der Welt gilt. Mit Steuergeldern aus dem jeweiligen Veranstalterland, die man auch gut für andere Zwecke einsetzen kann. Zum Beispiel um die Löcher der Elbphilharmoniefinanzierung zu stopfen.
Ich mache jetzt das, was alle Rechten machen, ich geh auf Facebook. Da debattieren gerade welche, ob Angela Merkel nicht jüdische Eltern gehabt hätte und man sie deswegen nicht verklagen sollte. Jetzt weiß ich auch wieder, warum ich nicht rechts bin: so viel Schwachsinn kann ich gar nicht schreiben.