Vor einem Jahr ist Alfred Zerban gestorben. Den kennen viele vermutlich nicht namentlich, aber seine Stimme dürften viele WDR-Hörer von früher kennen: „Freie Fahrt ins Wochenende“.
Er hat mit seinen Kommentaren zum Geschwindigkeitswahn – und zum Tode vieler Kinder in den Städten – geschafft, dass Deutschland gegen alles Benzin im Blut Tempo 30-Zonen einführte.
Unschlagbar waren auch seine Autotests, die abschließend immer über eine Buckelpiste in Köln führte. Jahrelang hat die Stadt versucht herauszufinden, welche er benutzt, um die endlich zu entbuckeln, aber er hat es nicht verraten. Und alle Buckelpisten Kölns zu eliminieren wäre vermutlich zu teuer geworden.
Berühmt ist sein Satz „Fahren Sie bitte Vorsichtig – immer!“.
Heute gibt es ja reine Buckelpisten nicht mehr. Heute gibt es da eine andere Methode.
Ich bekenne jetzt mal: ich bin Fahrradfahrer. Ich weiß, dass das schlimm ist. Aber ich huldige Bike, der griechischen Göttin der Fortbewegung. Meine Frau hingegen verehrt Pedelec, das ist der Sohn von Bike.
Natürlich macht mich das ein bisschen suspekt. Aber ich lerne auch. Zum Beispiel: wie entsteht eigentlich ein Radweg?
Da kommt der Verkehrsdezernent zur Versammlung mit den Worten „Auf dem Weg von Pusemuckl nach Klein-Kleckersdorf hat sich ein Autofahrer einen Reifen aufgeschlitzt an einem der Schlaglöcher. Das wird teuer.“ Dann sagt sein Chef: „Oh was können wir da machen?“ Und der Dezernent hat natürlich den Plan in der Tasche: wenn eine Straße zu schlecht ist, um von Autos befahren zu werden, dann sperrt man sie für Autos und macht einen Radweg draus.
Hört sich übertrieben an? Fand ich auch. Bis ich diese Wege befahren habe.
Ich würde ja gerne mal den Dobrindt einladen, der soll den Fahrradweg von Süden nach Korbach mal ausprobieren. Nein, zuerst fährt er den Weg auf der Straße mit dem Auto und dann auf der Fahrradstrecke mit dem Fahrrad. Und dann mit Sondererlaubnis den Fahrradweg mit dem Auto.
Und dann soll er mal was zum Unterschied sagen.
Für alle, die sich mit Korbach nicht auskennen: ich fuhr den Autoweg schon häufig. Der ist schön, keine unnötigen Steigungen – Berghoch muss man schon, aber nicht zwischendurch bergrunter-, guter Asphalt.
Ich bin letztens dann die Fahrradroute gefahren. Wie soll ich es erklären… Es gibt bei Lego so ein kleines Teil, den Rüttler. Den nimmt man normal in Groß beim Straßenbau. Bei Lego kann man den aufziehen und dann rüttelt der ein paar Sekunden. Den habe ich mal einen ganzen Nachmittag benutzt. Aufziehen, rütteln lassen, aufziehen, rütteln lassen… das rüttelt schön. Nervt ein bisschen. Meine Kinder haben mir das Teil genommen.
Aber egal. Genauso durchgerüttelt fühlte ich mich nach dem Schotterweg, auf dem die Radfahrer fahren dürfen. Bei teilweise 10% Gefälle wunderbar durchgerüttelt.
Dafür zieht die Ignoranz der Radfahrerbedürfnisse sich durch. Da gibt es Radwege, die mal links, mal rechts von der Straße auftauchen, benutzt werden müssen – nur wie man dann bei von Autofahrern mit Tempo 100 befahrenen Straßen rüberkommen soll, hat noch keiner bedacht.
Die Beschilderung der Radwege ist sowieso spannend. Manchmal landet man an T-Kreuzungen, an denen kein Schild für Radfahrer mehr ist. Wohlgemerkt kommt man von dem Weg, der nicht mehr geradeaus geht, und ist von einem anderen Schild dorthin getrieben worden.
Und jetzt noch mal die große Frage: Wer sind die Feinde der Radfahrer? Ich meine jetzt außer Radwegeplaner.
1. SUV – Mein Opa sagte immer: Autofahren ist schön. Aber nie im Suff. Der wusste schon damals, was die Automobilhersteller vorhatten.
2. Omas mit Hunden, die größer sind als sie selbst. Man weiß auch nicht beim Alter der Leute: sind das überhaupt Hunde oder haben sie diese von den Dinosauriern rübergerettet?
3. Allgemein Hundebesitzer. Die Hunde selbst sind harmlos. Aber da gibt es dann Leute, die mit 2 Hunden und deren Leinen die ganze Fahrbahn abdecken.
4. Leute, die per Gehör über die Straße gehen. So plötzlich. Das Problem wird sich aber mit Aufkommen der leisen Elektroautos erledigen.
5. Andere Radfahrer. Vor allen die mit Kopfhörer im Ohr und wenig Verständnis dafür, dass noch andere Teilnehmer im Straßenverkehr existieren.
Ich meine: momentan kann ich noch antizipieren, was andere machen wollen. Ich möchte nicht wissen, wie das ist, wenn in 2,3 Jahren bei mir der Altersstarrsinn kommt. Zum Beispiel gab es da die Hundebesitzerin, die gerade noch mit ihrem Hund auf dem Grünstreifen beim Wettbewerb „Unsere Stadt soll schöner werden“ mitmachte – in Offenbach hätte das sogar gewirkt – und nach der Erleichterung ihres Hundes mit diesem blitzschnell auf den Radstreifen sprang. Sie entschuldigte sich mit dem berühmten „Der will nur spielen“. Ich frage dann – das auch dämlich zu fragen-: „Woher wissen sie das?“ Aber ehrlich war sie: „Der spielt immer mit dem Essen.“
Ich werde demnächst mal T-Shirts für Hundebesitzer entwerfen. Eine Seite „Der will nur spielen“, andere Seite: „Das hat er noch nie gemacht.“
Ich bin übrigens gegen Helmpflicht. 90% aller Radfahrer fahren jetzt schon ohne Licht und Verkehrsregeln. Glauben sie, die interessiert die Helmpflicht? Und mal weitergedacht, wenn die wegen Helmpflicht nicht mehr fahren wollen: wollen Sie, dass die stattdessen Autofahren? Da steigt doch das Gefährdungspotential ungemein.
Ich bin auch gegen die Überprüfung von Führerscheinen bei Rentnern. Wenn die nicht mehr Autofahren, fahren die Fahrrad. Das ist noch schlimmer. Da erlebt man Dinge. Da komme ich an einer Rechts-Vor-Links-Straße vorbei. Links von mir hält eine Frau. Die guckt auch nach links und lässt das Auto vorbei, vor dem sie eigentlich Vorfahrt hat. Dann fährt sie einfach los, ohne nach rechts zu gucken, wo ich Vorfahrt vor ihr hatte. Na ja, vermutlich eine Engländerin, da ist ja links vor rechts.
Oder: ältere Frau schiebt einfach Fahrrad auf Straße und fährt los.
Aber am schönsten war die Rentnerin vor mir, die plötzlich mitten auf der Straße nach links fährt, weil sie entdeckt hat: da wohne ich ja. Da war keine Zeit zum Anzeigen der Abbiegerichtung, das kam einfach zu schnell für sie.
Genug gemeckert.
Jetzt aber mal unter uns: So umweltfreundlich ist Radfahren übrigens nicht. Wenn ich mit dem Rad fahre, brauche ich mehr Energie. Dann esse ich ein Steak mehr, und das Methan aus der Kuh dafür belastet die Umwelt. Und meine Abgase sind auch nicht ohne.
Wobei ich glaube, dass das die Energiequelle der Zukunft ist: spätestens 2040 sind Pupse der erneuerbare Energiebringer Nummer 1. Da kriegt jeder einfach einen Schlauch in den Hintern. Und jeder, der laut furzt, gilt als Energiebringer.
Als Fahrradfahrer lernt man immer dazu. Zum Beispiel Verkehrsrecht. Ich landete vor einiger Zeit mit meinem Vorderrad zwischen Vorderrad und Unterrohr einer anderen Radfahrenden Verkehrsteilnehmerin. Theoretisch wäre ich auch noch weiter gekommen, aber ich hatte eine Vollbremsung eingelegt, als sie ohne zu Gucken vom Spielplatz kam. Sie gab aber eine Teilschuld zu: „Ich hatte auch ein bisschen schuld, dann ich musste nach hinten zum Hund gucken.“ Das heißt: wenn man nicht guckt, ist man nur ein bisschen schuld. Muss ich mir merken. Falls ich jemals einen Unfall baue, werde ich auch sagen: „Ich musste gerade nach dem Kondensstreifen gucken.“
Ja, man lernt immer dazu: heute Morgen sprach meine Frau über den Abtropfständer. Meine Frau kommt immer mit neuen Worten. ich sag dann immer: gibbet nich, gucke in Duden – und dann steht es da. Meistens mit der Bemerkung „Herkunft Österreich“. Meine Frau kommt aus Düsseldorf. Das muss ein Vorort von Österreich sein wie München.
Heute Morgen also der Abtropfständer. Da stellt man übrigens Dinge rein, die man gewaschen hat. Hauptsächlich Geschirr. Kinder eher selten.
Für mich hört sich Abtropfständer eher wie Sexualunterricht in der 7. Klasse an.
„Kinder, der Abtropfständer ist kein sicheres Verhütungsmittel. Lieber Kondome oder Pille.“
Oder Alfred Zerban hätte gesagt: „Ficken sie bitte vorsichtig – immer.“
Obwohl: Bei dem Geburtenrückgang sollte man eher abraten von allen Verhütungsmitteln außer dem Abtropfständer.
Ach so, einen habe ich noch: Was sagt der Fahrradverkäufer zu Frankensteins Monster?
„Nehmen Sie doch eine Narbengangschaltung.“