Hin und wieder fragen mich Leute: „Du schreibst doch was, aber ich habe noch immer nicht raus, für welche politische Richtung Du bist. Anders gesagt: bist Du rechts oder links?“ Das ist ganz einfach: ich bin auf der linken Seite meiner Tochter und rechts vom leeren Stuhl. Das ist aber nur eine Momentaufnahme. Falls jetzt die Frage nach der Farbe kommt: weiß. Zumindest das T-Shirt. Die Hose ist blau.
Generell bin ich immer für den denjenigen, der meine Interessen vertritt. Oder Interessen, die ich vertreten kann. Das sind dann je nach Thema zwischen 0 und 10 Parteien. Noch genereller bin ich für Nachdenken. Und das passt weder Parteien noch irgendwelchen anderen politischen Gesinnungsbildnern.
Politik ist das Spiel mit der Verkürzung. Kürzen ist gut. Ich bin halber Mathematiker, wir kürzen immer gerne, wenngleich nicht unsere Budgets. Politiker können aber nicht kürzen. Sprache ist schwer kürzbar. So wird dann aus „Ich bin zu doof, mir etwas anderes auszudenken“ oder „Ich will das so. Und wenn ihr das nicht so macht, dann spiel ich nicht mehr mit“ das Wort „alternativlos“. Neulich zankten sich zwei meiner Kinder um einen Luftballon. Mein Sohn behauptete, es sei alternativlos, dass er ihn kriegen sollte.
Politik ist auch das Spiel der Gesinnung. Es geht nicht unbedingt darum, was besser ist für das Land und seine Menschen, es geht darum, welche Ansicht man hat. Nehmen wir mal Schwule. Schwul sein und CDU geht eigentlich nicht, denn die CDU ist gerade mal so weit, schwul sein halbwegs zu ignorieren. Marriage rules. Ehe ist gut. Besser man ist verheiratet und macht seiner Sekretärin ein Kind (Sekretärin – da steckt ja auch das Wort „Sekret“ und das Wort „in“ drin) als das man schwul ist. Schwul sein ist nur halbwegs okay, wenn man der CDU ein Bundestagsmandat gewinnt.
Dabei ist rein auf der Nachdenkseite kein Nachteil am Schwulsein zu finden. Ich finde schwule Männer toll. Die sind bezüglich Frauen keine Konkurrenz. Und warum schwule Ehen nicht die gleichen Steuervorteile wie kinderlose „normale“ Ehen haben sollen, ist auch nicht ersichtlich. Denn was bringen kinderlose Ehen uns mehr als die schwulen Ehen? Höchstens wenn man sagt: Ehen sind dafür da, dass wir Kinder kriegen. Also kriegen die einen Steuervorteil dafür, dass sie es versuchen. Auf der anderen Seite: das macht ja auch Spaß.
Aber da sieht man schon: es ist auch nicht einfach, alles zu bedenken.
Mal ein Beispiel: ich bin ja ein ADAC-Mitglied. Ich trete auch nicht aus, obwohl die Wahl zum Vogel des Jahres gefälscht war. Ich bin sogar froh drüber. Seit der ADAC negativ in den Schlagzeilen war, halten die die Schnauze statt immer im Namen von 18 Milliarden Autofahrern politisch aktiv zu sein. Oder ist die Zahl übertrieben? Könnt schon sein.
Ich wollte schon immer dem ADAC schreiben: „Rechnet immer 2 runter, ich und meine Frau sind meist nicht eurer Ansicht. Wir wollen nur abgeschleppt werden.“ Das wollen viele Leute, meistens aber freitags in der Disco, und nicht unbedingt von gelben Engeln.
Der ADAC hat jahrhundertelang -seit Erfindung des Autos – behauptet, die Autofahrer seien die Melkkühe Deutschlands. Denn es gibt 47 Milliarden Einnahmen durch Kfz-Steuer und Benzinsteuer (Energiesteuer heißt die glaube ich), aber nur 17 Milliarden werden für Straßenbau ausgegeben. Das sind dann 30 Milliarden, die sie mehr zahlen. Die genauen Zahlen interessieren mal nicht, die hat der ADAC immer so nach Gusto hingeschrieben, aber im Prinzip stimmt das schon. Das ist schon mal richtig gerechnet, das bestätigt jeder Atomkraftwerksbetreiber, die rechnen nämlich genauso, die rechnen auch nicht mit Endlagerung.
Aber so funktionieren Steuern einfach nicht. Man muss einfach sehen: der Staat hat Einnahmen und der Staat hat Ausgaben. Jetzt könnte er kommen und genau abrechnen. Dann gibt es eine Rechnung für jeden Deutschen in Höhe von 0,5 Cent pro Jahr für Kaugummi auf Gehsteig entfernen. Und eine Gebühr in Höhe von 17,1 Cent für die Kontrolle von Milchverarbeitenden Betrieben. Das wird ganz schön teuer, und vor allem will sich das keiner durchlesen. Die Liste wird nämlich lang. Und außerdem fehlt bei Gleichverteilung die soziale Komponente.
Also macht man es anders. Man guckt sich halt an, wo man was kriegen kann, ohne unverschämt zu werden. Die Ausgaben hat man eh – wenn man sich nicht noch eine bescheuerte Idee ins Haus holt, wie man die Einnahmen reinholt -, also betrachtet man nur die Einnahmenseite. Dann kommt man auf die Idee, Löhne, Rauchen und Auto fahren zu besteuern. Möglichst so, dass keiner zu sehr geschröpft wird, aber auch so, dass genug Geld in der Kasse ist.
Auf der anderen Seite ist die Rechnung Steuer minus Straßenbau aber stark vereinfacht. Der Straßenbau ist ja nur die eine Seite. Die andere Seite ist: es gibt über 2 Millionen erfasste Verkehrsunfälle mit Autos pro Jahr. Erfasst heißt, dass irgendeine Behörde oder irgendein Polizist damit zu tun hatte. Selbst wenn das im Durchschnitt nur eine halbe Mannstunde Arbeit waren – die Polizisten müssen ja hinfahren, meistens auch noch zu zweit – wären das schon eine Million Arbeitsstunden. (Man sieht: ich rechne mir das auch gerade schön.) Wenn man dann das Gehalt eines Polizisten betrachtet und dazu die sogenannten Lohnnebenkosten, dann sind das schon mal über 100 Millionen Euro. Man beachte: die kriegen die Polizisten nicht. Die kriegen höchstens Überstunden.
Dazu kommen noch Krankenwagen, Feuerwehr, Rettungsflieger, Straßenreinigung, Instandsetzung, TÜV…
Gibt aber nicht nur Unfälle. Autos kosten auch Platz. Für jeden Parkplatz könnte man einen Kirschbaum pflanzen. Oder mehrere Fahrräder unterbringen. Oder eine Menge Rollschuhe oder Skateboards.
Dazu kommt dann noch die Straßenreinigung und die Salzstreuung als direkt von den Autos verursachte und zuordenbare Sachen. Indirekt kommen dann noch abgasige und lärmige Umweltverschmutzung einschließlich Schäden an Pflanzen, Tieren und Menschen, die teilweise gar nicht so nachgewiesen sind. Vielleicht zahlt die Krankenkasse nur die Therapiestunden für den Jungen, weil er diese aufgrund des durchgängigen Autolärms auf der großen Straße vor seinem Zimmer braucht? Oder diverse Krebsarten haben vielleicht doch eine Ursache in der Umweltverschmutzung?
Auf der anderen Seite: hätten wir keine Autos, würden noch immer eine Menge Ochsen Sachen durch die Gegend ziehen und eine Menge Methan durch die Gegend pusten. Das sparen wir immerhin ein.
Na ja, man kann es auch zu weit treiben. Ich wollte nur sagen: man muss genau gucken, wo man Informationen weglässt, und das wird mir einfach zu viel und zu früh gemacht. Es wird das Killerargument oder die Killerphrase gesucht, und danach ist alles egal. Oder die Rechnung, die jeder Blödmann versteht.
Ach so: Sind mir die Autosteuern zu hoch? Nein. Damit kann ich leben, da hier die höheren Abgaben vielleicht dazu führen, dass Leute etwas weniger sinnlos durch die Gegend fahren und die Umwelt verpesten. Wichtiger fände ich, Windeln nur mit 7% zu besteuern. Auch wegen der Umweltverpestung.