Der Drache und die drei Aufgaben (von Luc Vanvlodorp)

Prolog
Es war einmal vor einer Zeit, die schon lange zurück liegt.
Dort gab es noch Ritter, Drachen, Bürger, Schlösser, Zauberschlüssel, Ringe – besondere Ringe.
Und davon will ich Euch erzählen.

Ein Ring ging einst verloren. Ein Ring der sehr besonders war. Er war einer von fünf.
Sie konnten unsichtbar machen. Aber wenn man sie zu oft trug, fing man an zu flackern. Das heißt, man konnte keinen der Ringe länger als zwei Stunden hintereinander tragen.

Und es geht los:
Zu dieser Zeit lebte ein Drache und der wollte alles Gold und darunter war auch dieser Ring.
Der Drache kam einst angeflogen und griff eine Burg an und plünderte. Er griff mehrere Burgen an, er griff Schlösser an, und einmal traf ihn ein Speer an einer komischen Stelle. Der Drache floh.
Seit dem wissen wir, dass der Drache an dieser Stelle ein Schmerzensstelle hat. Aber jeder Drache ist an mindestens einer Stelle tödlich verwundbar. Das ist bewiesen.
Und unter dem, was er noch mitnehmen konnte, war ein Ring.
Er packte ihn zwischen seine Zähne, und da man ihn am Finger tragen muss, wenn man unsichtbar werden will, klappte es nicht aber er flog davon. Er warf seine Beute auf einen riesigen Berg, eroberte eine andere Burg und legte sich dort nieder. Seit dem verließ er die Burg nie wieder.
Doch immer wieder kamen Gerüchte von dem großen Reichtum auf, den der Drache angehäuft hatte. Man sagte, viele Ritter zögen dorthin, manche schafften es nicht mal bis dort. Die, die es schafften, würden verbrannt. Dann wurde ein Wächter in die Nähe der Burg gesetzt. Er war dazu da, die Leute davor zu retten, den Drachen zu jagen. Nur jemand der drei schwierige Aufgaben schafft, kann es überhaupt mit dem Drachen aufnehmen.
Der Drache kümmerte sich nicht darum. Er dachte wohl, je weniger Ritter, desto weniger Essen, aber je weniger Ritter auch desto weniger Kampf.
„Ab und zu hole ich mir ein Schaf.“, sagte er sich.

Natürlich waren diese Aufgaben sehr schwer, aber sie waren nicht so lebensgefährlich wie dem Drachen direkt gegenüber zu treten. Auch sagten die Gerüchte, wenn es jemand doch schaffte, briet ihn dann der Drache.
Falls jemand entkommen konnte, erzählte man: „Der Drache ist schlimm, sehr schlimm. Und groß!“ Manchmal wurde gesagt, er wäre rot, manchmal er wäre grün.
Ein paar wenige sagten, er wäre gelb. Aber es war eine Art Chamälion Drache. Er konnte seine Farbe wechseln. Von knallrot zu knallgrün zu knallgelb.
Vor seinen Krallen musste man sich in Acht nehmen, am gefährlichsten aber war sein Feuerstoß, den er mit gezieltem Mund sogar um die Ecke schießen konnte.

Auch die beraubte Könige hatten die Gerüchte gehört.
Und ein König sagte: „Zuerst sollen Bauern gehen. Die kosten nichts. Die sollen die Rätsellösungen bringen und die Ritter sollen den Rest erledigen.“
Aber die Bauern schafften es meistens nicht, weil sie kaum Bildung hatten. Und so vergingen ungefähr zehn Jahre. Da wurde ein Knabe geboren. Der Knabe wird noch sehr wichtig. Dieser Knabe war der Sohn eines älteren etwas verarmten Edelmannes. Er war nicht wirklich reich, aber auch nicht wirklich arm. Er war so das Mittelding zwischen Bauer und Adeligem. Von diesen Leuten gab es in der Stadt viele. Viele Ritter, Söhne starker Leute, die losgezogen waren und dabei auch ihr Geld verloren. Man weiß nicht wie.
Der Junge wurde gut aufgezogen. Eine ganze Zeit wusste er gar nicht, dass es den Drachen gab, dann hörte er die Gerüchte. Er fragte seinen Vater und seine Mutter. Die Mutter sagte: „Ja, das stimmt. Diesen Drachen gibt es. Wir wollten nicht, dass du davon erfährst, damit du nicht losziehst.“ Er sagte, ja, er wolle nicht losziehen, ehe er erwachsen wäre. Aber als er gerade erwachsen war, mit 21, zog er doch aus, um den Drachen zu besiegen und den Schatz zu bekommen.
Er meldete sich beim König. „Du, du bist doch nur – etwas höher als ein Bauer oder so ein halber Edelmann.“, sagte der König. „Ich will es versuchen, gebt mir nur ein Schwert, eine leichte Rüstung mit kurzen Pieksern dran, und das ist alles, was ich verlange.“, antwortete der Junge. – „Gut, nun geh!“
Er ging. Er nahm Essen mit und vier Leute. Die vier Leute waren seine besten Freunde. Keiner von ihnen sollte aufs Spiel gesetzt werden. Alle von ihnen sollten zusammen halten. Alle sollten etwas vom Schatz abbekommen.
Denn gesagt wurde auch, der der den Drachen tötet, bekommt nur einen Teil des Schatzes. Der Rest sollte ordentlich unter allen Leuten, denen er geraubt wurde, verteilt werden. Und der Anteil, den der Drachentöter bekommen sollte, war ein Viertel.
Drei Wochen liefen sie durch Wälder und mussten auch einigen Feinden mit dem Schwert begegnen. Jeder hatte sich etwas anderes gewünscht, doch jeder hatte auch ein Langschwert verlangt und eine Rüstung, die mit kurzen Stacheln gespickt war.
Einer hatte ein Pferd und einen Sattel verlangt, ein weiterer hatte Handschuhe. Der Junge, von dem ich Euch am Anfang erzählt hab, hatte sich dann noch einen Gürtel gewünscht mit einer ordentlichen Tasche und etwas zu essen nahm jeder mit von Zuhause doch er bekam das beste vom König. So liefen sie. Schließlich schafften sie es bis dorthin, wo die Burg des Drachen war.
Sie sprachen mit dem Wächter. Der Mann sagte:
„Halt! Ihr müsst erst drei Aufgaben erledigen. Ich stelle Euch jetzt das Rätsel zu der ersten Aufgabe:

Fünf Männer musst Du haben, um dieses Ding zu drehen. Fünf Türme hat´s, vom Berge kannst Du`s sehn. Gib acht: Zwanzig Männer halten Wacht.
Denkt drüber nach und kommt wieder, wenn ihr die Lösung wisst. Ist sie falsch, müsst Ihr umkehren. Ist sie richtig, könnt ihr es versuchen.“

Sie überlegten lange. Sagte der erste: „Also fünf Leute, fassen wir zusammen, was hat denn fünf Türme?“ Sagte ein anderer: „ Na gut, ein Schloss. Hier gibt es in der Nähe ein Schloss. Das ist es wahrscheinlich.“
Der Junge sagte aber: „Es gibt hier in der Nähe auch eine Burg. Und von zwanzig Leuten wird auch kein Schloss bewacht, das ist viel spitzer, da passen ja gar nicht zwanzig Mann auf den Wehrgang.“
„Eine Burg! Na gut, wir sagen: Die Burg!“, jubelten alle. Und so gingen sie zurück.
„Na?“ – „Die Antwort lautet: Wir müssen mit fünf Leuten eine Burg erstürmen.“ “
Ja das stimmt. Hier ist Eure Ausrüstung: Ein Seil mit einem Kletterhaken.“
„Oh. Für jeden von uns eins.“ „
Na dann fangt mal an. Die Burg am nördlichen Westwall müsst Ihr nehmen.“
Und so liefen sie los. Die Burg war groß und alt aber immer noch in Hochbetrieb. Da rief der Junge: „Oh man, wir wissen doch gar nicht, wie wir ein Signal geben sollen.“
Sie gingen zurück und fragten: „Wie geben wir denn ein Signal?“ Der Wächter sprach: „Im höchsten Turm gibt es einen Hebel. Wenn Ihr den zieht, bemerke ich das.“ – „Na gut“, sagten sie. – „Also: In die Burg in den Hauptturm. Und dann den Hebel ziehen, das ist zu schaffen. Dann los. Let`s go!“.
Sie kamen an die Burg. „Jeder von Euch nimmt einen Turm! Das ist am besten.
Schaltet die Wachen aus, bringt sie nicht um, schaltet sie nur aus.“ sagte der Junge, der am Anfang noch wichtig wurde. So machten sie es. Sie schalteten die Wachen auf dem Wehrgang ohne Probleme aus, denn sie hatten alle die Fechtkunst gut trainiert. „Was jetzt?“, fragte ein anderer. „Wir werfen die Seile darüber, lassen sie verhaken, und schwingen uns hinüber.“ „Gute Idee“,meinte ein Dritter. Sie kamen von allen Seiten auf die Burg. Kaum jemand bemerkte sie. Plötzlich sprangen Wachen hervor. „Haha! Jetzt haben wir Euch“, brüllten die Wächter. Die Schwerter blitzten, als die Klingen gekreuzt wurden. Doch am Ende waren die Wachen besiegt.
Die Helden kletterten den Turm hoch. „Wieso klettern wir denn den Turm hoch? – Da ist `ne Treppe!“ – „Die wird bewacht!“ – „Menno!“
Und so fanden sie den Hebel. „Zieht an der Stange: Eins, zwei drei! JETZT!“ Sie zogen den Hebel und Tatsache: Es ging. Sie hatten es geschafft. „Schnell zurück, wir haben die erste Aufgabe gelöst.“
Jetzt zur zweiten Aufgabe.
„Nicht alle Schätze bestehen aus Gold. Nehmt ihn da, wo Ihr glaubt, ist er her. Da wo Ihr glaubt, liegt er.“ So taten sie es auch. Sie gingen sich beraten zum Rätsellösen. Einer rief: „Nicht jeder Schatz ist aus Gold, Diamanten?“ – „Nein, er meinte keine Wertsachen.“, sagte ein anderer. Dann schrie einer: „Schatz, Schmatz, Prinzessinnen! Er meint `ne Prinzessin. Wir sollen uns `ne Prinzessin klauen.“ – „Na super, wir machen jetzt eine Entführung!“, rief ein weiterer – „Davor war`s ein Einbruch, jetzt Entführung. Gut wir sagen Bescheid.“ Also sagten sie Bescheid. Und der Wächter antwortete: „Ja, das stimmt. Nun gut, Eure Ausrüstung ist ja das Kletterseil, aber weiterhin erhaltet Ihr noch fünf Schilde.“
Sie kletterten hinauf, alle fünf und zogen sich hoch und hoch und hoch. Das war gar nicht so leicht, denn diese Wände waren glatter als zuvor. Ab und zu wurde auch ein Seil gekappt aber merkwürdiger Weise fügten sie sich wieder zusammen. Die Jungen blockierten Hiebe und schlugen die Wachen nieder. So schafften sie es bis in die Kabine der Prinzessin. Doch da stand eine große Leibwache „Haben wir dich!“ Sie umzingelten den Leibwächter und erledigten ihn. Dann verbanden sie der Prinzessin die Augen, den Mund, fesselten sie und nahmen sie mit. Sie gingen zurück, kletterten runter und übergaben sie dem Wächter. „So. Da haben Sie, was sie wollten. -Auf zur dritten Aufgabe.“

„Ah, im Erdenfeuer, da wo`s entspringt, hängt golden das Ding, das Ihr sucht. Es öffnet Euch Schlösser ohne Turm und dann dürft Ihr eintreten.“
Sie überlegten. „Da wo das Feuer der Erde schläft… -Wir graben!“, meinte der Größte von ihnen. „Nein, Idiot“, sagte ein Zweiter- „Vulkan!“ – „Ja, Vulkan. Ein feuerspeiender Berg!“, rief der Kleinste – „Ein Schlüssel öffnet Schlösser, die keine Türmchen haben.“, fanden sie heraus. „Na super, eine Klettertour.“Der Wächter sprach „Kletterseil, Schild und jeder von Euch erhält einen Ring bis auf einen. Diese Ringe machen unsichtbar. Der letzte Ring ging leider verloren, der liegt im Drachenschatz. Sucht Euch einen aus, der keinen Ring nimmt.“ Der Junge, der am Anfang noch wichtig wurde, sagte: „Gut, ich nehme keinen, aber nur, wenn ich in die Mitte darf.“ – „Ja gut“, meinten die anderen. Sie ließen sich in den Vulkan herunter. Da brüllte irgendwas. „Eine Bestie wohnt hier drin!“ – „Na super. Und ich hab nicht mal `n Ring“, sagte der Junge in der Mitte. „Achtung, jetzt loslassen.“ Zisch! „Schilde vorstrecken! Unsichtbare Leute Ringe anlegen!“ – „Sieht so aus, als wärst Du allein“, kicherte einer. -“Haha, wo seid ihr denn?“ – „Hier!“ – „Jetzt, Schwerter raus!“ (Fauch, RADONG!) Es war eine große Bestie, der die Jungs in das Maul sprangen. Es war noch kein Drache, es war noch nicht so gefährlich, aber es war ein großes Viech. Der Junge, der am Anfang noch wichtig werden sollte, stemmte seine mit kleinen Stacheln bespickte Rüstung in die Seiten des Mauls. Die anderen rannten den Hals von innen runter. „Da hängt der Schlüssel! Schnappt ihn Euch! Kappt das Band mit dem Schwert!“ Das taten sie auch. Sie nahmen den Schlüssel. „Wie jetzt rauf?“ – „Ich hab noch mein Kletterseil!“, rief der, der nicht unsichtbar war. Er warf es hoch und sie zogen sich daran hoch. So kamen sie raus aus dem Maul. Doch hinter Ihnen her schoss ein Feuerball. „Schilde fallen lassen!“ Die Schilde fielen alle gleichzeitig und so fielen sie genau, genau auf den Feuerball. Er wurde zurück gelenkt und das Biest explodierte in einem lauten „Kadadadawusch Bam Boom.

Alle Helden kletterten hoch aus dem Vulkan und sagten: „Hier ist ihr Schlüssel.“ Aber der Wächter widersprach: „Nein! Das ist der Schlüssel zum Burg Tor, geht da rein, ihr werdet an der Tür eine Halterung finden. Knackt sie, Ihr werdet dahinter eine verschlossen Vitrine finden, in der der letzte Ring ist dann seid ihr bereit, dem Drachen gegenüber zu treten.“ Ja, so taten sie das auch. Sie öffneten das Schloss mit dem Schlüssel, ließen ihn stecken und gingen hinein. Da fanden sie die Vitrine. Sie knackten sie mit ihrem Diebeswerkzeug und nahmen sich aus der Vitrine den Ring, jetzt waren sie unsichtbar, alle. Doch der Drache war nicht da. Da hörten sie es hinter sich klicken. Jemand hatte eben die Tür abgeschlossen.

„Ha ha ha, drauf reingefallen, drauf reingefallen. Keiner hat es je so weit geschafft, wie Ihr. Doch jetzt werdet Ihr es hier auch nicht mehr raus schaffen.“ – „Was?“ „Ach, jetzt weiß ich!“, rief einer der Jungen. „Der Wächter ist der Komplize vom Drachen. Wir haben ihm die Sachen verschafft, die er brauchte. Durch den Hebel hat sich ein großes Tor für ihn geöffnet. Wir haben die Bestie ausgeschaltet, die den Torschlüssel bewacht hat und jetzt kann der Drache in Ruhe wieder Städte plündern.“
Die Burg war in Wirklichkeit ein Gefängnis. „Aber wir haben die Unsichtbarkeitsringe.“, sagte der Junge der am Anfang noch wichtig werden sollte. „Was sollen die uns denn helfen?“ „Na, kann einer mich sehen?“ „Nein!“ „Kann einer mein Schwert sehen?“ „Nein!“ – „Kapiert Ihr es denn nicht? Wir gehen einfach hier raus und dann, wenn wir hier rauskommen, können wir den Drachen, ohne dass er uns wirklich sieht, ausschalten.“ – „Stimmt, aber wie kommen wir hier raus?“ „Wir haben doch das Diebeswerkzeug. Wir knacken einfach das Schloss.“ -„Na gut.“ Damit waren alle einverstanden.

So öffneten sie das Schloss, es dauerte eine Weile. Doch nach einer halben Stunde kamen sie hinaus und suchten nach dem Drachen. Da war er schon. Er flog über sie hinweg. „Speer“ – zisch! „Uaaah“ – an der verwundbaren Stelle, am Schwanz getroffen – genau in die Spitze. „Er muss hier irgendwo landen!“ , rief einer der Jungen. „Er konnte uns nicht sehen, aber den Speer hat er gesehen.“ „Ja, wenn es ihn trifft, sieht er die Waffen genau für eine Sekunde. Das heißt, wir müssen viel herumlaufen.“ Einer schlug gegen den Berg „Siehst Du, schau jetzt auf den Berg. Siehst Du`s `bschum´ – Da sieht man es genau. Ganz kurz, aber deutlich. Wir müssen also schnell sein immer schneller“ – und so besiegten sie den Drachen, kriegten den Schatz. Ach ja, wie sie den Drachen besiegten, wollt Ihr auch noch wissen? Na gut: Sie schlichen sich an den Drachen heran und schlugen immer wieder zu, bis jemand die verwundbare Stelle fand. Alle krochen dahin und stießen gleichzeitig ihre Schwerter hinein. Dann fingen plötzlich ihre Arme an zu schmerzen denn die Haut des Drachen war dort trotzdem dick. Alle stemmten sich mit aller Macht dagegen. Sie hatten die Ringe schon zu lange getragen. Der Drache konnte sie flackern sehen.

Er verpasste allen einen Tritt. Sie knickten auch mit den Beinen ein und konnten sich nicht mehr lange halten. Da fiel der Drache tot um und die Jungs wurden ohnmächtig. Man fand sie neben dem toten Drachen liegen, brachte sie in eine nahe gelegene Stadt und nachdem sie aufgewacht waren, wurden sie als Helden gefeiert.
Das Viertel wurde unter ihnen aufgeteilt, und sie lebten mit ihren Familien glücklich bis an ihr Lebensende.
Der Wächter wurde nie wieder gesehen.
ENDE

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