Das war ja eine Stimmung. Die Deutschen haben sich gar nicht durch das Aus der deutschen Nationalmannschaft stören lassen und haben weitergefeiert. Die meisten haben wahrscheinlich gar nicht mitgekriegt, dass wir nicht mehr dabei sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand die Spieler vom künftigen Männer-Drittligisten SV Darmstadt 98 aufsagen kann, ist grösser, als das jemand beim Frauen-Meister Turbine Potsdam kann. Deswegen ging in vielen Haushalten am Endspielsonntag dann die Diskussion los: wer sind denn da die deutschen? Sind das diese wuseligen in Blau? Nee, unwahrscheinlich. Dann doch eher die anderen. Warum spielen die nicht im traditionellen deutschen Dress? Wahrscheinlich war das Fernsehen schuld. Oder der Blatter.
Den traditionellen Dress hatten die Deutschen ja auch nicht an. Unter uns: bisher sahen die Spielerinnen in den bei den männlichen Fußballern geklauten Trikots ja aus, als würden sie einen Kartoffelsack tragen. Deswegen hat der deutsche Fußball- und Erotik-Verband eingeschritten und maßgeschneiderte Trikots bestellt. Jetzt sehen Prinz und Co aus, als würden sie maßgeschneiderte Kartoffelsäcke tragen. Der Fortschritt kennt keine Grenzen.
Wirklich verwundert haben mich die jubelnden Japaner im Fernsehen. Ich dachte immer, die Japaner gingen nicht so aus sich heraus. Außer bei Karaoke. Karaoke kann ich erklären: die Japaner sind Meister im absichtlich schlecht nachmachen. Bei Karaoke tut man so, als könnte man Lieder singen. Das ist der Unterschied zwischen Japan und China: Japan ist gut im absichtlich schlecht nachmachen, China macht alles nur aus Versehen schlecht nach.
Demnächst gibt es dann in Japan auch Kara-Fußball. Da macht man dann in Discos Fußballbewegungen nach. Die Japaner haben übrigens auch so was Ähnliches wie Bier: Karamalz heißt das.
Zurück zur WM: in diversen Internet-Foren wurde in den letzten Wochen gestritten, wie schlecht eigentlich Frauenfußball ist, ob Kreisklasse oder C-Jugend-Niveau. Das ist mir egal. Mir gefällt Frauenfußball. Weil da noch Fußball gespielt wird, statt schauzuspielern (na gut, bis auf Marta). Da geht sicherlich was daneben, aber wenn ich spiele, geht noch weitaus mehr daneben. Und das Endspiel der WM war im Vergleich zu dem der Herren ein Jahr vorher noch spannender, obwohl bei beiden die Deutschen fehlten. Es gab Kampf – bei den Frauen ohne KungFu-Einlagen -, überlegte Spielzüge, schöne Eckstoßvarianten und zwei überragende Spielerinnen. Da die Namen eh keiner kennt: ich meine die Japanerin mit der gelben Binde und die Amerikanerin mit dem rosa Sport-BH.
Die Japanerinnen haben verdient gewonnen. Da sind sich alle einig. Nach der Flutwelle und dem Atom-GAU gönnt man es ihnen. Ich frage mich nur, warum wir die Männertitel verdient haben. 1954 ist klar, das war toll nach dem zweiten Weltkrieg, und 1990 haben wir ihn verdient, weil wir freiwillig Lothar Matthäus mitgenommen haben. Aber 1974? Und warum sind Somalia, Bangladesch und Äthopien nicht Abonnement-Weltmeister?
In einer Zeitung habe ich dann noch die Diskussion mitbekommen, ob Frauen nach dem Spiel einen Trikottausch machen dürfen oder nicht (Resultat: die meisten machen es in der Kabine). Ganz ehrlich: ich möchte lieber Alex Morgan oder Fatmire Bajramaj im Sport-BH sehen als wie letztes Jahr minutenlang Lukas Podolski mit nacktem Oberkörper. Oder noch schlimmer, Lukas Podolski mit Sport-BH.
Es wird auch oft behauptet, Fußballfrauen sehen nicht gut aus. Mal abgesehen davon, dass auch Männerfußball nicht zur Ästhetik beiträgt: wenn ich die ganzen prominenten Nichtfußballer auf den Tribünen angucke, dann relativiert sich das. Deswegen eine Bitte an die öffentlich-unrechtlichen Sender: diese Bilder wollen wir nicht mehr sehen. Ich möchte Fußball sehen und nicht unseren obersten Schnittchenesser aus Schloss Belevue, Zonen-Angie, ihren Papa Kohl, Claudia Roth und die oberste Exzellenz des fußballerischen Korruptionsverbands. Es würde mich allerdings interessieren, wie Angela Merkel im maßgeschneiderten Kartoffelsack anstelle des Hosenanzugs aussehen würde. Mit rosa Sport-BH.