Ich habe mich blamiert. Fürchterlich und biblisch. Ich habe glatt bei der Weihnachtsgeschichte Bethlehem und Nazareth verwechselt. Meine Bibelkenntnisse sind einfach nicht gut genug. Ich hatte keinen Jesuiten-Pfarrer, der mich darin einführte. Oder irgendwas einführte.
Nebenbei: als ich in der Bibel nachschlug, fand ich einen schönen Spruch: „Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel.“ (Philipper 3,20) Wahrscheinlich ist dass der Grund, warum die CDU/CSU egal mit welchem Juniorpartner – FDP oder SPD – immer versucht, möglichst viele Bürgerrechte auf der Erde abzuschaffen. Um dann gnadenlos vor dem irdischen Kerberos, dem Bundesverfassungsgericht zu scheitern.
Es wird ja viel Spot und Häme auf die Frau Käsmann abgeladen, ihres Zeichens ehemalige evangelische Bischöfin – na ja, bei den Katholiken geht das ja auch nicht. Warum wird gespottet? Weil sie besoffen Auto gefahren ist. Eigentlich ist das ja ein guter Grund, mal über die Öffnung der katholischen Kirche nachzudenken. Frauen können nicht nur gut Priester spielen, sie können auch im Trinken, der letzten Bastion katholischer Priester, mithalten. Im politischen Arm der katholischen Kirche Bayerns, der CSU, hätte sie dafür wahrscheinlich noch eine Beförderung bekommen.
Tja Frau Käsmann, so geht es nicht. Ich sehe schon in den Hinterstuben der evangelischen Landeskirchen die ultra-konservativen sich zuprosten: endlich ist sie weg. Endlich kann man wieder mit sauberem Christentum weitermachen – ohne Dialog mit Muslimen, mit Krieg im Afghanistan und ohne Rückgrat.
Währenddessen fallen momentan die letzten Hürden und Hüllen in der katholischen Kirche. Missbrauchsfälle zuhauf. Bei Benediktinern, Jesuiten und Sängerknaben. In der katholischen Kirche. Das hätte es vor 30 Jahren nicht gegeben. Das das bekannt geworden wäre.
Für mich hat Bischoff Mixa aber recht: die sexuelle Revolution ist schuld! Früher ahnten Priester vielleicht, dass in der Ehe irgendwas passiert. Aber was? Seit es die freie Liebe und seit einiger Zeit sogar noch die entsprechenden Kanäle im Fernsehen dafür gibt, da wissen doch die ganzen Geweihten, was sie versäumen. Wie soll man das denn abreagieren? Mit Frauen dürfen die ja nicht. Man könnte gewissen Benediktinermönchen vielleicht noch empfehlen, einfach mal den Staubsauger zweckzuentfremden. Die haben aber keinen Staubsauger, in der Kirche liegen ja keine Teppiche. Schade.
Ein evangelischer Pfarrer im Rheinland wollte seinen Taucherurlaub nach Thailand als Weiterbildung bezahlt bekommen. Wie sah die Begründung aus? „Für unseren ökomenischen Gesprächskreis wollte ich mich besser in die Welt der katholischen Priester einfühlen.“ Oder so ähnlich.
Bis vor einigen Jahren konnte die Kirche noch damit punkten, dass kaum was an die Öffentlichkeit kam. Das schafft man heute nicht mehr, wo selbst über unbedeutende Details wie Heidi Klum in Presse, Funk und Fernsehen berichtet wird. Heute schaffen nur noch Ersatzreligionen das große Schweigen und selbst das bröckelt schon beim Deutschen Fußballbund, der gerade seinen internen Christopher Street-Day vorzubereiten scheint.
Selbst der Bob-Weltverband scheiterte mit seiner Lösung des Pistenproblems bei den olympischen Spielen. Zur Erinnerung: die Bobrinne war so spektakulär, dass selbst Spitzenfahrer nicht ungeschoren runterkamen, und ein Jungrodler sein Leben ließ. Und das sehr Youtube- und Medientauglich. Die Lösung des Bobverbands: die Fahrer dürfen nicht mehr über Sicherheitsprobleme sprechen. Also die Lösung, die Jahrhundertelang in den Kirchen funktionierte: Tue Gutes und rede darüber. Tue Böses und vertusche es möglichst effektiv.
Jetzt bleibt nur noch die Endlagerung des Verheimlichens in der niedrigsten Niveaustufe, der Politik. Ich warte noch auf den Tag, an dem Guido Westerwelle verkündet: Hartz 4 gibt es nur noch für die Bedürftigen, die nicht darüber reden, wie schlecht es Ihnen geht.