Eigentlich wollte ich mich ja nicht über die Europawahl äußern. Interessierte eh keinen. 60% sind gar nicht erst zur Wahl gegangen. Hingegangen sind glaube ich nur 10%. Der Rest erklärt sich mit denen, die irgendwann mal ein Abo für CDU, CSU, SPD, Grüne oder FDP eingangen sind und es irgendwie nie schaffen, dass zu kündigen.
Dann bleiben also noch 10% potentielle Wähler, die 25 der Prozentpunkte verteilen durften. Und da gab es dann wirklich Überraschungen. Wie man in Zeiten der Wirtschaftskrise noch auf die Idee kommt, die FDP als Befürworterin sämtlicher Schweinereien zu wählen – ich glaube, da wollten einfach ein paar Leute witzig sein. Aber ich glaube, dass die meisten, die wirklich zur Wahl gingen, eigentlich Obama wählen wollten. Ich gebs zu: mich hat es auch überrascht, dass der nicht auf dem Zettel stand. Da habe ich dann auch die erste Partei von oben gewählt, die mir nicht bekannt war. Oder nicht mehr bekannt war. Wer hat sich denn noch an die FDP erinnert?
Nebenbei: 50% der Gesetze werden mittlerweile in Brüssel gemacht, habe ich gehört. Das ist schön. Wenn sie die Gesetze dann gleich dabehalten könnten… aber arme Belgier.
Ich habe gelesen, dass der Anteil rechtsextremer Stimmen in den abgelegenen deutschen Gebieten – also 5 neue Bundesländer, Bayern, Österreich – besorgniserregend sei. Wobei: das kann man so nicht sagen: in Bayern hat die CSU Stimmen verloren, und neu sind die ja auch nicht. Wohl eher die mit Perwoll gewaschenen Bundesländer.
Mit Spannung erwarte ich die Wahl in Perwoll-Thüringen. Althaus hat ja monatelang nichts gesagt. Vielleicht ein Tipp für alle anderen Politiker: einfach mal die Fresse halten, das Wahlvolk dank es. Aber vielleicht wird er ja doch abgewählt. Wie Karstadt.
Tatsächlich: wir waren schuld. Wir, die Kunden. Wir haben Karstadt abgewählt. Für immer. Karstadt geht jetzt insolvent. Ob es eine geordnete Insolvenz ist oder ein ungeordnete – und wie auch immer das von Herrn Wirtschaftsminister Johannes Karl-Theodor Maria Josef Neujahr Tag der deutschen Einheit und so weiter von Gutenberg oder so ähnlich definiert wird – Karstadt ist weg. Das Geschrei ist groß: die deutschen Innenstädte veröden! Karstadt war ja die einzige Bastion der Schönheit neben den ganzen hässlichen 1 Euro-Shops und Mobilfunkern.
Und dabei hat sich der Karstadt-Vorstand so angestrengt. Was hat der Middelhoff doch alles gemacht seit den Problemen 2004. Ja, was hat er den eigentlich? Ach ja, er hat das gemacht, was jeder neue Vorstandschef macht: er hat umorganisiert. Und umbenannt. Das ganze Konstrukt Karstadt-Quelle heißt Arcandor. Das machen Manager so: jeder Manager hinterlässt seine Duftmarke in Form einer Umstrukturierung. Und wie bei Hunden kommt dann der nächste und setzt seine Duftmarke drauf. Also eine neue Umstrukturierung. Jetzt ist das Problem, dass die Umstrukturierung weder zu mehr Umsatz noch zu weniger Kosten führt. Sie kostet sogar Geld. Deswegen ist in einer Umstrukturierung immer einbegriffen, dass Personalkosten gespart werden – zur Bezahlung der Umstrukturierung.
Und es dürfte klar sein, dass vor lauter Umstrukturierung eine Sanierung zeitlich überhaupt nicht in Frage kommt.
Karstadt also tot. Was sind das für Kindheitserinnerungen. Als Karstadt bei uns eröffnete. Dieser wunderbare, formschöne Betonklotz am Rande der Einkaufsstraße. Die schlechtgelaunten Verkäufer. Wenn man mal einen Verkäufer fand. Das langsame Sterben der kleinen Geschäfte. Das war für mich Karstadt. Dass das jetzt vorbei ist…
Meiner Ansicht nach hätte man gleich von Tante-Emma-Laden zum Interneteinkauf übergehen können.
Merkel hat ja jetzt gesagt: den Beschäftigten wird geholfen. Wahrscheinlich ist die fehlende Staatshilfe der erste Schritt. Bei Süchtigen entzieht man ja auch erst mal den Stoff. Vielleicht kommen die dann alle in ein Karstadt-Ersatzprogramm. Kaufhof oder so.
Aber jetzt ehrlich: wenn Frau Merkel es wahr machen würde, und mal nicht der Konzern, die Bank oder was auch immer sondern die Mitarbeiter gestützt werden – das wäre doch mal was positives.
Und wer wirklich dran glaubt, dass die Frau Merkel das wahrmacht, der wählt auch FDP. Oder SPD. Oder CDU.