Es ist wieder Wahlkampfzeit. Eigentlich ist immer Wahlkampfzeit. Deswegen ein kleiner Rückblick. Es war erst Januar letzten Jahres, da versuchte die SPD in Hessen die CDU zu stürzen. Sie brauchte ein Jahr, um zu begreifen, dass das nicht funktioniert hat.
Als nächstes kam Niedersachsen. Das einzige interessante an der Wahl war, dass die CDU dafür den Politikaward für die beste „Kampagne von politischen Institutionen“ bekommen hat. Und das wahrscheinlich zurecht. Da kann man sich gleich vorstellen, wie langweilig Radrennen werden, wenn nicht gedopt wird: Sieger ist der, der am Ende sein Fahrrad noch mit letzter Kraft über die Ziellinie fährt, während alle anderen schon schieben.
Hamburg lassen wir auch aus, weil sowieso keiner versteht, warum Hamburg alleine wählen darf.
Im September gab es dann die ersten Vorläufer der Abwrackprämie. Nachdem die CSU noch während des Aufschwungs 2007 Edmund Stoiber erfolgreich abgewrackt und wie so manches verschrottete Auto gleich heimlich ins Ausland schmuggelte, leistete sich die CSU von der Prämie gleich zwei neue Montagsautos: Huber und Beckstein mussten aber schon nach der Wahl wieder entsorgt werden.
Alle diese Wahlen haben eins gemeinsam: sie waren wichtige Testwahlen für die Testwahlen der Bundestagswahl dieses Jahr. Und da kommen ganz, ganz tolle Wahlen auf uns zu. Die Wahl zum Bundespräsidenten. Die meisten sind sich ja sicher: sie haben den Köhler nicht gewählt. Ich bin mir sicher: sie werden ihn wieder nicht wählen. Doch mir Schwant, er bleibt uns 5 Jahre erhalten.
Dann die eigentlich wichtigste, aber uninteressanteste Wahl des Jahres: die Europawahl. Mittlerweile wird soviel in Europa entschieden – und keiner interessiert sich dafür, wer das eigentlich bestimmt. Deswegen hat man das Europaparlament auch mehr zu einer Runde für abgewrackte Politiker gemacht und die Macht den sogenannten Kommissaren gegeben. Die Europaabgeordneten dürfen höchstens mal den Wagen vorfahren.
Die Europawahl ist auch nur Vorgeplänkel für die entscheidenden Testwahlen in den Hochburgen der deutschen Demokratie: Saarland, Sachsen und Thüringen. In den drei traditionellen SED-Stammgebieten erhoffen sich die Linken, endlich mal als ernste Partei betrachtet zu werden, nicht nur als Protestler. Hier werden die Weichen gestellt für die Wahl des Jahres 4 Wochen später: die Bundestagswahl. Neben dieser versteckt übrigens die Wahl in Brandenburg. Damit man da gar nicht merkt, dass da gewählt wird. Interessieren wird es sowieso keinen.
Und bei all diesen Wahlen läuft der Wahlkampf natürlich schon längst. Da muss man sich abgrenzen. Zuerst mal grenzten sich CDU und SPD von den anderen mit der Abwrackprämie ab. Ich bin wieder zu spät dran. Oder zu früh. Mein Auto ist 8 Jahre alt, da ist es nix mit Abwrackprämie. Gut, es ist auch noch mehr als 2500 Euro wert, aber man nimmt ja alles mit.
Gewinner ist das Ansehen der beiden großen Parteien. Da haben sie was gemacht, was beim Bürger ankommt. Wenn sein Auto alt genug ist. Bei den anderen kommt es nicht so an. Die deutsche Autoindustrie jubelt: da kommt erst ein Jahr später raus, dass man sich total verplant hat. Nächstes Jahr kommt dann die Quittung, wenn alle schon ein Auto haben und keiner mehr eins will. Wobei das ja nicht stimmt: auch jetzt interessieren sich viele gar nicht für deutsche Autos. Denn während die Deutschen noch SUVen und schlechte Werbung machen, punkten andere mit preiswerten Kleinwagen und Energiesparern. Weitere Verlierer: die Werkstätten – lasse ich reparieren oder verschrotte ich lieber gleich? -, die Gebrauchtwagenhändler und die Bürger. Denn das Geld bezahlen nicht Merkel und Steinmeier, das sind schon Steuergelder. Aber immerhin: im Gegensatz zur Bankenrettung ist die Abwrackung richtig preiswert. Sogar preiswerter als man denkt: es kostet zwar 5 Milliarden, aber es wird ja Mehrwertsteuer fällig. Selbst beim Kleinwagen könnten das leicht mal 1500 Euro sein, also hat der Staat nur 1000 Euro ausgegeben.
Und man muss mal aufräumen – tut man ja mit der Prämie -: die Prämie heißt Umweltprämie. Damit will man drauf aufmerksam machen, dass auch die Umwelt zu den Abgewrackten gehört. Denn im Endeffekt darf man auch einen 3 Liter-Lupo verschrotten und sich einen Q7 kaufen. Nebenbei: die Fertigung eines neuen Autos verpestet die Umwelt noch mehr, als das alte ein paar Jahre länger zu fahren…
Und weil es so schön lief mit dem Abwracken, laufen jetzt die Wahlkampfmaschinen heiß. Die SPD will die Steuererklärung abwracken: 300 Euro für alle, die keine abgeben – also meist die, für die es sich eh nicht lohnt, eine Steuererklärung zu machen. Die CSU will mit einer Frühjahrsoffensive durchstarten: da werden die Steuersätze gesenkt, den Rest will Seehofer erst später bekannt geben – man verrät auch im Fernsehen nicht alles in einer Folge. Die CDU antwortet mit der Abschaffung des Soli. Bei CDU und CSU hat man immer wieder den Eindruck, die wüssten gar nicht, dass sie zusammengehören. Ist aber ein Ansporn für die Bürger: CDU und CSU gelten als Paradebeispiel für Mülltrennung.
Und all dem ist eins gemein: es kommt erst nach der Wahl. Es sind alles Wahlversprecher. Man fragt sich nicht, warum die große Krawallition nicht schon längst was getan hat. Man weiß, warum nicht. Nach der Wahl ist das Geld für die ganzen Versprechen eh nicht da.
Meine neueste Idee ist übrigens: wir sollten die Wahl in den Sommerferien abhalten, wenn auch das Kabinett im Urlaub ist. Das macht die Sache viel angenehmer. Die kommen dann aus dem Urlaub und erfahren, ob sie wiedergewählt sind. Am Wahlabend kann man auf die dämlichen Interview verzichten, die nur dann einen Unterhaltungswert haben, wenn sich die falschen für die Sieger halten. Meisten sind das SPDler wie Ypsilanti nach der ihrem markanten Wahlsieg, bei dem sie weniger Stimmen als die CDU, oder Schröder, der nicht glaubte, dass seine Genossen und Genießer unter Kanzlerin Merkel agieren würde.
Vielleicht geht in den Sommerferien auch keiner wählen, und wir werden 4 Jahre lang nicht regiert. Das hat für alle Vorteile, auch für die Politiker: die können sich schon früh um ihr eigentliches Gebiet kümmern – den Wahlkampf – ohne sich mit lästigen Abstimmungen und Debatten beschäftigen zu müssen.