Im Jahr 2007 spielt die stark christlich orientierte Spielschar „Palmwedel“ die Weihnachtsgeschichte. Sie benutzen dafür die Version eines unbekannten Autors für 2 Herren und 1 Dame. Dummerweise sind sie allerdings alle männlich. Wir blenden uns in die Diskussion ein.
ALBERT: „Du spielst jetzt die Frau“
BERTRAM: „Warum?“
ALBERT: „Weil das hier steht.“
BERTRAM: „Ich will aber einen Mann spielen. Männer in Frauensachen sind doof.“
ALBERT: „Ein männlicher Maria?“
CHRISTOPH: „Der heilige Geist ist zu mir gekommen und wir haben Karten gespielt und Bier gesoffen.“
BERTRAM: Na gut. Aber ich will auch den Hirten spielen.
geht sich eine Perücke holen
Das Licht geht aus.
ALBERT: Nanu? Haben wir den Strom nicht bezahlt?
CHRISTOPH: Nee, das ist das vorweihnachtliche „Wir machen für 5 Minuten das Licht aus, um die Erde zu retten.“ Haben irgendwelche beknackten Leute 2007 erfunden, um ein Zeichen zu setzen.
ALBERT: Habe ich gar nicht gemerkt.
CHRISTOPH: Hat ja auch keiner mitgemacht. Zu Anfang hat man das schon gemerkt. Die ganze Autounfälle….
ALBERT: Wieso Autounfälle?
CHRISTOPH: Na ja, ist schon fatal, wenn im Winter zur Tagesschau-Zeit plötzlich alle Autos ohne Licht fahren.
BERTRAM kommt wieder
CHRISTOPH: Aber das Ganze zeigt, warum Jesus nicht die Welt retten konnte.
BERTRAM: Wieso?
CHRISTOPH: Der konnte den Strom nicht ausmachen, um die Welt zu retten, der hatte gar keinen.
Licht geht wieder an.
ALBERT: Genug Zeichen gesetzt.
CHRISTOPH: Immerhin keine Armen unschuldigen Robbenkinder hier auf der Bühne.
Albert geht aus dem Bild und beginnt.
ALBERT: Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging…
CHRISTOPH: Stimmen aus dem Off sind doch doof.
ALBERT: Was?
CHRISTOPH: Und das ist auch kein gutes Deutsch. Es begab sich… das sagt doch keiner mehr. Und ein Gebot kennen die Zuschauer doch auch nur von ebay.
ALBERT: Wie würdest Du es denn machen?
CHRISTOPH: Maria komm mal.
BERTRAM-Maria kommt wieder CHRISTOPH harkt Maria ein.
CHRISTOPH: Boah, so ne Scheisse, nur wegen dem blöden Augustus.
BERTRAM: Voll asozial der Typ.
CHRISTOPH: Volkszählungen gehören eh vors Verfassungsgericht.
BERTRAM: Und dann nach Nazareth. Voll uncool.
ALBERT: Das geht so nicht.
BERTRAM+CHRISTOPH: Wieso?
ALBERT: So redet man doch nicht im alten Israel. Ausserdem wollt ihr nach Betlehem.
CHRISTOPH: Wenn ich jetzt mit jiddisch anfange versteht es aber auch keiner. Na gut, dann halt anders:
Ave Maria, I just kissed a girl called Maria
und suddenly, suddenly we go to Betlehem
ALBERT: Das hast Du auch von Liberg geklaut.
BERTRAM: Darf ich mal?
Melodie Starlight Express
Betlehem, Betlehem
wir gehen jetzt dort hin
Betlehem, Betlehem
ALBERT: Und es macht keinen Sinn
CHRISTOPH: Da hast Du recht. Gehen wir mal davon aus, dass wir langsam angekommen sind.
BERTRAM: Wo?
CHRISTOPH: In Werningerode.
BERTRAM: Ich dachte, wir wollten nach Betlehem.
Pause
CHRISTOPH: Maria legt sich da hinten in die Ecke, weil sie auf einmal Wehen hat.
BERTRAM: Uuh, aah.
CHRISTOPH: Darf man eigentlich die Maria erschlagen?
ALBERT: Nein. Und Scheidung ist auch nicht drin.
BERTRAM: Ganz schon dreckig hier im Stall.
fängt an zu Putzen
CHRISTOPH: Maria hat doch nicht im Stall geputzt. Die war hochschwanger.
BERTRAM: Klar, 30 Meilen am Tag, aber Putzen kann sie nicht mehr.
CHRISTOPH: Du kriegst gleich einen Sohn.
BERTRAM: Und wenn es ein Mädchen ist?
ALBERT: Dann müsste Maria Magdalena lesbisch sein.
BERTRAM: Wenn Jesus nicht weiblich ist, dann wenigstens Gott
ALBERT: Aha, Gott ist lesbisch.
BERTRAM: Wieso?
ALBERT: Wegen Maria. Und wie geht das mit dem Jesus Kind?
BERTRAM: Adoption, Samenspende durch den heiligen Geist
CHRISTOPH: Warum hat Gott auf Bildern dann einen verdammt langen Damenbart?
ALBERT: Außerdem dürfte er dann nicht zu Steinigungen. Jetzt komm endlich nieder.
BERTRAM: Uh, ah.
CHRISTOPH: Und du hau endlich ab.
ALBERT: Wieso?
CHRISTOPH: Weil es nicht heißt: Maria und Josef bekamen ein Kind und daneben stand jemand und gab Kommentare ab.
ALBERT geht
BERTRAM: Uh, ah.
CHRISTOPH: Und so weiter. Und da kam der holde Knabe… Mist, jetzt brauchen wir den Albert doch. Komm mal zurück!
ALBERT kommt wieder und klopft an die Tür des Stalls
CHRISTOPH: Das Christkind klopft doch nicht.
ALBERT: Ich bin ja auch nicht das Christkind.
CHRISTOPH: Wer bist Du dann? Die Könige kommen erst nach der Geburt.
ALBERT: Guck doch mal.
CHRISTOPH geht hin, ALBERT klopft noch mal.
CHRISTOPH: Ja?
ALBERT: Herr Josef?
CHRISTOPH: Ja.
ALBERT: Ich bin vom Tel Aviv Pizzabringdienst. Hier ist die 34, die 45 und die 13 ohne Anchovis aber mit Extrakäse.
CHRISTOPH: Es gibt zu der Zeit keine Pizza
ALBERT: Irgendwas müssen die doch gegessen haben
CHRISTOPH: Käse und Salami zusammen ist nicht koscher
ALBERT: Dann ess ich die Pizza doch alleine.
CHRISTOPH: Du gehst jetzt darüber und spielst das Christkind.
ALBERT geht rüber, CHRISTOPH hinterher
BERTRAM: Mach die Tür zu, es ist kalt, Schatz.
CHRISTOPH noch mal zur „Tür“, macht die Tür zu
ALBERT: Buäh
BERTRAM: Mein Junge!
CHRISTOPH geht näher, stutzt
CHRISTOPH: Jesus hat nicht in der Krippe Pizza gegessen
reisst ALBERT die Pizza weg
ALBERT: Wir werden aber später auch einen Generationenkonflikt kriegen, dass sag ich dir!
Alle an der Krippe.
BERTRAM+CHRISTOPH: Wie niedlich. Ganz wie der Vater. usw.
Das geht einige Zeit so
ALBERT: Und jetzt?
CHRISTOPH: Jetzt kommen die Könige.
Blicken sich um
ALBERT: Kommen schon ein wenig spät.
CHRISTOPH: Na ja, ist ja keiner da sonst.
ALBERT: Aber wir werden ja doch gebraucht.
Schweigen
CHRISTOPH: Maria, ich muss mal nullern gehen
BERTRAM: Ist gut Josef
Josef geht pinkeln
ALBERT steht auch auf
BERTRAM: Ein Wunder. Mein Bub kann schon laufen.
ALBERT: Ich mach jetzt mit bei den Königen
BERTRAM: Aber das Christkind
ALBERT: Dann überleg dir was
BERTRAM: Was soll ich mir überlegen?
ALBERT: Nehm ne Puppe oder schick es auf ein Internat in Halberstadt
BERTRAM: Ne Puppe habe ich aber nicht
ALBERT und CHRISTOPH klopfen. Maria zur Tür
CHRISTOPH: Wir sind die heiligen drei Könige
Maria guckt die beiden an, die beiden gucken sich verlegen an
BERTRAM: Ihr habt aber nicht an Weihrauch geschnüffelt, oder?
ALBERT: Kaspar parkt noch die Kamele
BERTRAM: Na gut, dann kommt mal rein, wenn ihr eh schon da seid. Ihr seid aber ganz schön spät
CHRISTOPH: Ja, wir haben ein Navi benutzt.
ALBERT: Wir sind gekommen um den Heiland zu sehen.
BERTRAM: Der ist nicht da.
ALBERT+CHRISTOPH: Was
BERTRAM(zu ALBERT): Den hast Du doch vorhin nach Halberstadt geschickt.
CHRISTOPH: Das ist gar nicht dumm. Das ist dann bestimmt ein Elitegymnasium.
ALBERT: Nein, Gesamtschule. Jesus war immer für „Alle für einen, einer für alle.“
CHRISTOPH: Hauptsache, Jesus versagt nicht beim PISA-Test.
BERTRAM: Wie geht es eigentlich weiter?
ALBERT: Die Könige geben ihre Gaben.
BERTRAM: Welche Gaben?
ALBERT: Gold, Weihrauch und Myrrhe.
BERTRAM: Gold? Dann mal her damit!
CHRISTOPH: Das Gold hat der Kaspar.
ALBERT: Der parkt noch immer das Kamel.
CHRISTOPH: Ich frage mich, ob der uns gelinkt hat und mit dem Gold durchgebrannt ist.
ALBERT: Aber der Christoph hat bestimmt Weihrauch.
CHRISTOPH: Ne, aber Ich hätt’ hier noch ein bisschen Gras…
ALBERT: Ich habe auch keine Myrrhe dabei. Nur diesen Mistelzweig.
BERTRAM: Ein Mistelzweig. Zu Christoph: Wir müssen uns küssen.
ALBERT: Stimmt. Das ist Tradition.
BERTRAM und CHRISTOPH schauen sich an.
CHRISTOPH: Na ja, vielleicht doch nicht.
BERTRAM: Ich küss dich nicht. Du hast Knoblauch gegessen, Josef.
CHRISTOPH: Ich bin der Hirte.
BERTRAM: Dann kann ich dich eh nicht küssen, was würde Josef dazu sagen… Was bedeutet eigentlich Tradition?
ALBERT: Tradition bezeichnet die Weitergabe von Handlungsmustern, Überzeugungen und Glaubenvorstellungen.
BERTRAM: Ach…
CHRISTOPH: Anders gesagt: Tradition ist, wenn man es schon immer so gehabt hat. Man braucht es nicht, man hat sich daran gewöhnt.
ALBERT: Wie Küssen unter dem Mistelzweig.
BERTRAM: Streitereien am Weihnachtsbaum.
ALBERT: Der Papst.
CHRISTOPH: Weihnachtsstücke.
ALBERT: Du brauchst aber auch ein bisschen Nachhilfe im Weihnachtlichen.
tuschelt mit Bertram. Beide werfen sich Betttücher über.
ALBERT: Eberneezer, wir sind die Geister von Weihnacht.
CHRISTOPH: Zu zweit?
ALBERT: Den Geist der vergangenen Weihnacht gibt es bei Jesus Geburt eh noch nicht.
CHRISTOPH: Dann seid ihr die Geister der heutigen und der zukünftigen Weihnacht.
ALBERT: Nein, wir sind die anderen Geister der Weihnacht. Ich bin der Geist des hektischen Umtausches der Weihnachtsgeschenke am 27. Dezember.
BERTRAM: Und ich bin der Geist des Klopapiers, das immer an Heiligabend alle wird.
Beide werfen die Decken weg.
CHRISTOPH: Wenn wir da irgendwie noch rauskommen wollen, brauchen wir jetzt himmlichen Beistand.
ALBERT wickelt sich in die Decke ein.
ALBERT: Fürchtet euch nicht.
CHRISTOPH: Warum sollen wir uns vor jemandem fürchten, der sich in Bettlaken einwickelt?
ALBERT: Maria, dies ist ein großer Tag. Nicht nur, dass jemand Josef von der Bühne stürzen wird, wenn er nicht endlich ruhig ist – heute ist etwas wundersames und einzigartiges geschehen.
BERTRAM: Ja?
ALBERT: Geboren wurde der Heiland in einem Stall in Betlehem.
BERTRAM: Das ist komisch. Mein Sohn ist auch in einem Stall in Betlehem geboren. Er ist jetzt auf dem Internat.
ALBERT: Maria, dein Sohn wird der wichtigste Mensch der Welt sein.
BERTRAM: Mein Bub wird wichtig.
CHRISTOPH: Ja, er wird eine weltweit operierende Firma gründen. Aber der nächste CEO wird die Firma dann nach Rom verfrachten.
BERTRAM: CEO?
CHRISTOPH: Church Executive Officer. Der Boss halt. Später dann Papst genannt.
ALBERT: Wenn man mit euch spielt, fragt man sich, wie diese Religion 2000 Jahre überdauert hat.
to be continued (oder besser nicht)