Es waren einmal eine Königin und ein König. Die waren sehr schön. Sie hatten zwei Kinder. Eine Tochter und einen Sohn. Beide waren von einer abstoßenden Hässlichkeit. Sie waren sogar so hässlich, dass sich ihre Ebenbilder im Spiegel abwendeten. Wenn sie in die Nähe von Milch kam, so wurde diese sauer, selbst wenn sie noch in der Kuh war.
So lebten die Königskinder (und der König und die Königin) unglücklich vor sich hin. Die Kinder wurden in der Schule nur deswegen nicht gehänselt, weil sie die einzigen Schüler waren. In ihrer freien Zeit (und damals hatte jeder nur wenig freie Zeit) aber wollte niemand mit ihnen spielen. Das machte die Eltern traurig, dann erzürnt, und schliesslich gewaltig wütend. Immer aber, wenn der König gewaltig wütend wurde, ging er zu seinem Henker. Der war nicht nur gross und stark, sondern auch erstaunlich klug. Er lauschte dem Leid des Königs und entgegnete dann: „Oh König, wenn das nur ein Problem wäre. Verfüge, dass ein jeder Jugendliche im Land eine Maske zu tragen hat, bis er die Volljährigkeit erreicht hat.“ Der König aber stöhnte: „Ob das mein Problem lösen kann?“ „Na ja, oder halt Rübe ab“ meinte der Henker. Da verfügte der König gar königlich, dass jeder Jugendliche eine Maske zu tragen hätte.
Unglücklicherweise führte das zu einem neuen Problem. Unter ihren Masken waren die Burschen und die Mädels nur noch schwerlich zu unterscheiden. Nur die Reichen, die Besitzer von Handelshäusern, Werften oder Goldeseln, konnten ihren Kindern eine besondere, einzigartige Maske kaufen. Die anderen jedoch begannen, ihre Anonymität ausnutzen und zündeten Eselskarren und Lagerhallen an, und sie hatten mächtig Spass und prügelten sich mit der Stadtwache. Da kam der König zu seinem Henker und sprach: „Oh Henker, was soll ich den tun?“ Und der erwiderte: „Verbiete Masken.“ Der König aber stöhnte: „Ob das mein Problem lösen kann?“ „Na ja, oder halt Rübe ab“ meinte der Henker. So verbot der König die Masken. Das widersprach natürlich dem Maskierungsgebot. Da jedoch die Strafe auf das Tragen von Masken höher war als die für das Nichttragen, fügten sich bald alle, und der Staatshaushalt sanierte sich durch die Bußgelder.
Da sprach der Prinz, der mittlerweile ein stattlich hässlicher Jüngling geworden war, zu seiner ebenso liebenswerten Schwester: „Ziemliche Scheisse, was?“ Und sie entgegnete: „Jau, Män, stop the motherfucking assholes.“ Beide hatten nämlich zuviel MTV geguckt und schlimme Videospiele gespielt, wenn ihre Eltern und Erzieher nicht aufpassten. Dann beschlossen sie, gemeinsam ihr Glück in die Hände zu nehmen, und damit ist kein Inzest gemeint.
So gingen sie zu ihren Eltern, denn für ein ordentliches Weglaufen reichte es bei ihnen noch nicht, und sie offenbarten sich dem König und der König. Die Mutter doch war nicht beglückt. Laut weinte sie mit gesenktem Kopf, denn der Abschied schmerzte sie sehr. Doch die Kinder beharrten darauf, dass sie ihr Glück finden müssten, und der Vater sprach weise: „Nun denn, dann liegen sie mir wenigstens nicht mehr auf der Tasche.“ Er liess ihnen natürlich einiges geben, was sie auf ihrer Reise gebrauchen konnten: Wein, Brot, Käse, einen handlichen Routenplaner und TravellerCheques.
Da begaben sich die Kinder auf die Strasse, und der Junge sprach: „Wir werden mit den Reisenden sprechen, unter welchem Stern sie wandeln, und wir werden sehen, ob das gut ist.“ Die Schwester aber entgegnete: „Jo.“
Als erstes trafen sie einen dunkelhaarigen Mann, und dieser war nackt wie ein Exhibitionist. Doch das machte nichts, denn einerseits war es so warm, dass die Wärme klirrte, andererseits war er Exhibitionist und dieses seine Berufskleidung. Diesen fragten sie nach seinem Credo, und er entgegnete: „Einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen, aber woanders hin“ und die Prinzessin entgegnete: „Dieses Motto ist übersehbar, wie so manches andere hier.“ Da schlenderte der Exhibitionist hastig davon.
Als nächstes kamen sie an zwei Leuten vorbei, die waren wohl Künstler. Der eine war alt wie eine Hundeschnauze und stockblind, der andere aber war fett wie ein Turnschuh und blond wie ein Maulwurf. Und sie zeigten ihre Kunst, denn der dicke war ein Messerwerfer und der andere ein Messerbeworfener. Ungeschickt wirbelte der Werfer herum und warf metergenau an dem anderen vorbei und erlegte dabei ein vorbeieilendes Sumpfhuhn. Da sprach der Sehende: „In der Gesellschaft der Blinden ist der Hühneräugige der König“ und der andere fügte hinzu: „Seelig sind die Geistig Armen, und dieser Spruch ist geklaut.“ Da eilten sie weiter.
Dann kamen sie zu einem Rosenverkäufer, und der sagte: „Wolle Rose kaufe?“ Da kaufte der Prinz der Prinzessin eine Rose und sie stachen sich daran. Da wurde der Rosenverkäufer mutig wie eine Möwe und behauptete, das seie ein Zeichen, doch er wisse selbst nicht wofür. Und er schrieb ihre Namen auf und versprach, sie in eine Lostrommel zu stecken und vielleicht gewännen sie den Hauptpreis. Da fragten sie ihn nach seinem Leben, und er entgegnete schnell wie der Witz, als könnte er kein Wässerchen klären: „Eine Rose hat Dornen. Wolle Rose kaufe?“ Und so kauften sie und verliessen ihn.
Da trafen sie eine jungen Mann, der war noch gelb hinter den Ohren, den er war Chinese. Er zeigte ihnen einige coole Tricks mit Kampfstäben – das war nicht so einfach, denn der Boden war gen Abend spiegeleiglatt geworden – und danach noch seine Kochkunst, auf die er stolz war wie eine Sau. Doch der Prinz sagte: „Das ist nicht chinesisch, sondern eine dem chinesischen höchstens ein wenig nach empfundene Speise des amerikanischen Kolonialismus.“ Da wurde der Chinese weiss wie die Nacht und backte vor Wut, und schrie hinaus: „Ich möchte einen Kontrobass“. Da fiel es ihnen wie Schuppen von den Haaren, sie umarmten ihn und ehrten ihn.
Als letztes jedoch kamen sie zu einer Party, da waren viele Leute, die glichen wie ein Elch dem anderen. Der erste sprach die Prinzessin an mit einer Stimme, die war zu grell wie eine Glocke, und er fragte: „Willse nen Joint?“ Und die Prinzessin antwortete: „In exponentiell idealistischer Ansichtsweise der modernen, von Hypertonie begleiteten Psychologie ist die Wahrscheinlichkeit einer real im nicht negativen Bereich liegenden Antwort in einem Umkreis um einen Punkt der Wahrscheinlichkeitsskala angesiedelt, der über dem Durchschnitt liegt.“ Und das hiess ja. Da nahmen sie einen Joint und poppten, und wenn sie nicht gestorben sind, dann jointen und poppen sie noch heute. Der Prinz aber hatte genug vom Lotterleben, gründete eine Geisterbahn und ist heute noch in Hessen als Requisite seiner Bahn unterwegs.
Und die Moral der Geschichte: Wenn du bei so einem Märchen nach einer Moral suchst, biste schon selber schuld. Und die meisten Witze sind so gut wie alt. Oder: der Wahnsinn hat Methode. Egal. Jo Man.