Auf der Suche nach einer Zeitung fand ich drei leere Bierflaschen. „Son Scheiß. Alle„ brummte ich vor mich hin. Irgendwas war mit den Flaschen… ich wusste nur nicht mehr was… Die Zeitung war auch verschollen. Der ganze Müll in meinem Zimmer machte mich krank. Internet… Das war die Lösung. Die wussten auf jeden Fall, wo was abgeht. Zeitung braucht kein Mensch. Deswegen zahl ich die auch nicht.
Während ich nach einer brauchbaren Seite mit Veranstaltungen suchte, poppte ein Fenster auf: „Sie haben 26 Mails.„ Die meisten bestimmt eh nur Müll. Während der Computer durch das Internet kroch, schaute ich mir die Mails an. Penisverlängerungen, Brustvergrößerungen, „Schützen Sie ihren Computer vor der lästigen Werbung„ und eine Nachricht von Werner Kaczmarek. „Schau mal bei Ebay rein, wir haben Erfolg.„ Häh? Womit haben wir Erfolg? Der hat wohl noch einen größeren Knall als ich.
Bei Ebay dann die Überraschung: meine Auktion war auf 120 Euro hochgeschossen. Meine Auktion? Was für eine Auktion? „3 leere Bierflaschen von Mighty Manfred„. Ich erinnerte mich. Wir waren gestern über die Bierflaschen gestolpert und dann…„
„Ich habe einfach mal drauf geboten„ meinte Werner, den ich mittlerweile angerufen hatte. „Und dann habe ich in ein paar Foren geschrieben, wie cool das doch ist, dass da einer die Bierflaschen verkauft. Da kamen dann ein paar Gebote. Ich noch ein paar mal dagegen, und jetzt läuft das halt weiter…„
120 Euro… das waren schon mehrere Kästen. Cool.
Am Ende der Woche bekam der Nutzer „MighyManfredForever„ den Zuschlag, für wahnsinnige 575 Euro. Er outete sich als „der einzig wahre Fan„ und wollte genau den Werdegang der Bierflaschen erfahren. Schließlich mussten sie authentisch sein. Das waren sie ja auch. Zusammen mit Werner überlegte ich mir den Weg der Flaschen. Wie ein Groupie die Flaschen nach DEM Konzert Mighty Manfreds beim Open Air in Hockenheim mitgenommen hatte. Vorher war sie mit ihm noch zu einer kurzen Nummer im Klosett seines Wohnwagens. Zwei weitere Groupies bestätigten die Story natürlich. Werner Kaczmarek, in unserer Story zum Leiter eines Institutes gewachsen, dass die Echtheit von Star-Reliquien prüft, hatte den Weg der Bierflaschen dann weiter verfolgt. Die Flaschen landeten schließlich bei einem Sammler in Alt-Öttingen, der kürzlich verstorben war. Seine Frau wollte die Flaschen einfach wegschmeißen, aber wir konnten sie vor dem Müll bewahren.
Der Mann war überglücklich und wir stiegen in das Geschäft ein. Die Topflappen von Uschi Glas, das Goldfischglas Hella von Sinnens, Bernd Hoëckers Schuhe mit Absatz… nichts blieb unverkauft.
Nach 2 Monaten bekam ich dann einen Brief von einem Anwalt. Dieser vertrat die Firma Suffinger, die Erfinder und Produzenten des „Suffinger Weizens„, der laut Werbung die „herbere Alternative„ war. Und nebenbei Hauptsponsor Mighty Manfreds. Sie beschwerten sich im Anwaltsgeschwafel darüber, dass ich die Flaschen verkauft hatten. Zu der Zeit hätte Mighty Manfred nie und nimmer meine Flaschen „Biebelsrieder Dunkel„ leer getrunken, er hätte sich auf „Suffinger Weizen„ beschränkt. Ich ignorierte den Brief und auch die nächsten.
Das war vielleicht ein Fehler.
Einige Monate später musste ich mir auch einen Anwalt nehmen, die Weizenmacher hatten mich vor Gericht gebracht. Sie scheuten keinen Aufwand. Sogar Mighty Manfred war als Zeuge geladen. Zunächst versuchten sie sich außergerichtlich mit mir zu einigen. 10000 Euro sollte ich zahlen, dazu die Erklärung abgeben, dass die Bierflaschen nicht echt seien. Das zwar mir zuviel. Ich ließ es drauf ankommen. Sollten die mir beweisen, dass die Flaschen nicht echt sein. Im Zweifel für den Angeklagten. Doch irgendwie lief das ganze nicht so richtig. Werner stritt ab, bei der Sache mitgemacht zu haben, gut, die Unterschrift unter der Echtheitsbestätigung hätte er natürlich gekritzelt, aber ansonsten waren das alles nur Gefälligkeiten mir zuliebe.
Mir wurde langsam angst und bange. Jedoch hatte ich einen Trumpf: Mighty Manfred wusste bestimmt nicht mehr, was er getrunken hatte. Bei den Alkoholexzessen konnte man froh sein, wenn er überhaupt wusste, wie er hieß.
Und dann kam die Überraschung, als der Rocker aussagte. Er wäre sich sehr sicher, an dem Abend kein Suffinger getrunken zu haben. Den Weizen-Typen fiel die Kinnlade runter. Ich lächelte. Aber nur kurz. „Ich habe überhaupt kein Bier getrunken. Ich bin seit 10 Jahren abstinent. Ich trinke nur noch in der Werbung.„ Der Richter bohrte nach, doch der Rocker blieb standhaft. „Ich weiß, die Presse berichtet etwas anderes. Gelage und so… Früher war das natürlich anders, aber ich bin mittlerweile Familienvater. Da macht man so was nicht mehr.„
Am Ende waren die Suffinger und ich beide unglücklich. Die Suffinger mussten der anwesenden Presse erklären, wieso ihr Star das Bier nicht trank, und ich musste mir überlegen, wovon ich meine nächsten Biere bezahlen sollte…
20000 Euro Strafe… das war ungefähr das, was ich mit meinem Ebay-Handel eingenommen hatte. Leider war die Hälfte davon schon für Bier und ähnliches draufgegangen. Außerdem beschloss der Richter das Ende meiner Verkäufe…
Am Ausgang des Gerichts kam mir Mighty Manfred mit einer Horde Bodyguards entgegen. Er sah wie immer grimmig aus. Dann streckte er jedoch die Hand aus und lachte: „Hey, ich fand die Sache cool.„ Dann schnippte er mit einem Finger. Einer seiner Lakaien trat heran und überreichte mir drei Bierflaschen Biebelsrieder Dunkel. Voll. „Wenn Du morgen ordentlich rocken willst, komm einfach vorbei. Klopf am Hintereingang. Georgie hier wird dich reinlassen.„
Am nächsten Morgen erwachte ich mit einigen Kopfschmerzen. Neben mir die Flasche Whisky, die nach den Bier den Abend beendet hatten. Wie hatte er angefangen? Ach so, die Einladung. Wo sollte ich hinkommen? Wo war dieses verfluchte Konzert? Auf der Suche nach einer Zeitung fand ich drei leere Bierflaschen.
Tschuldigung, der Schluss musste so sein.