Steine (Corinna Vanvlodorp)

Steine.

Wenn ich einen Rucksack hätte und kein Ziel – wie weit könnte ich laufen?

Ich würde mich auf den Weg machen, die Strasse hinauf. Weiter und weiter – fort immer fort. Laufen würde ich und mich nicht umsehen. Die Strasse entlang. Die breite Strasse, die immer weg führt von da, wo man gestern noch war und niemals sein wollte.

Ohne Regenjacke würde ich laufen und nur das nötigste im Gepäck, denn ich wollte nicht verweilen. Den Rucksack – ich hätte ihn zu Hause gelassen, aber vollgepackt ist er mit allem, wovon ich mich nicht trennen konnte – nicht trennen kann, was ich nicht lassen kann. Mitnehmen muss. Steine, die ich gesammelt habe im Laufe der Zeit. Steine, die ich mit mir schleppe, ein Ballast aus Erinnerungen und Fragen – die ich nicht vergessen kann.

Die würde ich tragen, auf meinem Rücken, wenn ich einen Rucksack hätte.

Wenn ich einen Rucksack hätte und kein Ziel, wohin würde ich laufen? Fort würde ich laufen, weit fort. Egal wohin.

Ich würde die Bäume nicht sehen und die Menschen, nur den Staub auf der Strasse. Verweilen würde ich nicht – nirgendwo. Wenn ich einen Rucksack hätte und kein Ziel.

Ich würde den Brunnen nicht brauchen und den Baum nicht und ich würde nicht an zurück denken, nur an die Steine in meinem Rucksack, die so schwer sind und die ich tragen muss – fort nur fort. Laufen müsste ich und laufen. Egal wohin. Wenn ich einen Rucksack hätte und kein Ziel. Dann aber, wenn ich gelaufen wäre, soweit ich nur eben konnte und wenn mein Rucksack immer schwerer und schwerer geworden wäre, voll der Steine. Dann aber würde ich hinfallen, wo ich eben stand und schlafen.

Schlafen.

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