Sie stand da wie ein heller Schein, ein überirdisches Wesen im Glanze der roten, untergehenden Sonne, ein Engel ohne Flügel. Als er sie sah, entfachte sie eine Flamme in seinem Herzen, und sie schürte die Glut seiner Gefülle durch einen einzigen Blick. Sehnsüchtig starrte er sie an, die Göttin der allumfassenden Liebe, die Gespielin seiner Wünsche.
Zwei Finger legte sie an ihre blaßroten Lippen, die sie dann nach vorne spreizte, sie hauchte ihm einen unsichtbaren Boten ihrer Gefühle zu. Sie lockte ihn mit ihrem Sein, dem Spiel ihrer langen Haare, mit dem, das von dem blauen Tuche bedeckt war, dem Tuche von der Farbe des Meeres, dessen rauschende Wellen vergeblich gegen das Ufer ankämpften; doch so laut wie der Kampf des Wassers mit der Erde tobte in ihm das gierige Verlangen, hinter dem alles andere so verschwand wie die Sonne hinter dem Horizont.
Seine Beine, so schwach sie sich auch anfühlen mochten, wurden getrieben von seinem unbändigen Wunsch, so daß er zu schweben meinte, je näher er ihr kam, leicht wie ein Feder, getragen vom Lufthauch der Ekstase. Und sie stand und wartete, sich nicht bewegend und doch wiegend im sanften Rausch des frischen, den Geruch des Meeres bringenden Windes. Und der schmachtende Blick ihre sanften, blauen Augen ruhte auf seinem Kommen, und die Hoffnung ging seinem Kommen voraus.
Näher und noch näher kam er, und je weniger sie trennte, desto hitziger wurde sein Körper, gewärmt von nicht zu bezwingbarer Freude. Nur vage vernahm er, wie sie ihre zarten Arme ihm entgegenstreckte, wie ihre langen schlanken Finger die seinen berührten. Er nahm ihre rechte an seinen Mund, senkte seine Lippen auf die zarte, blaße Haut, zu einer kurzen, aber intensiven Berührung. Rauh wirkte seine Zunge, als sie, nur leicht zwischen den Lippen hervorgestreckt, an ihre Hand hervorwanderte, aufwärts an ihrem zarten, haarlosen Arm. Und doch war es, als dürstete die Haut nach seiner Tun.
Heran zog er sie dabei, und ihr Körper schmiegte sich an den seinen, während sein Mund auf ihrer Schulter verharrte. Geschickte löste er das Tuch mit seiner Linken, noch immer ihre rechte, die schlanken, eleganten Finger leicht umfassend. Doch dann gab er sie frei. Langsam und sanft schob er ihre Haare von der rechten Schulter, ihre langen, wilden Haare, die wie weiße Wellen über die schmächtigen Schultern herabliefen, und den weißen Rücken entlang, doch auch über ihre Brüste, bis tief herab in ihre Taille, wo das wilde Spiel der Strähnen endete.
Mit einem tiefen Stöhnen biß er zärtlich in ihre Schulter, versenkte sanft seine Zähne in das zarte Fleisch, während sie sich willig an ihn legte, mit leichten Bewegungen ihres Körpers über seine Haut rieb.
Ihre blaßen, hellblauen Augen kreuzten ihren Blick mit dem seinen, um mit verlangender Gier zu verschwimmen. Unter seinen keuchenden Atemzügen presste er ungestüm und wild seine Lippen auf die ihren, er spürte, wie die weichen, zartrosanen Ränder ihrer Lust, die mit dem leicht salzigen Geschmack des Meeres benetzt waren, an seinen saugten.
An seinm Oberkörper spürte er den Druck der kleinen, runden, doch spitzen Brüste. Die kurze Perlenkette, um ihren Hals gelegt, verblaßend vor ihrer eigenen Schönheit, wurde an seine starke Brust gedrückt. Ihr schmaler Oberkörper presste sich an den seinen, der gierte nach dem Genuß. Das heftige Pochen ihres kleinen Herzes vereinte sich in einer Symphonie der Lust mit dem gewaltigen Schlag seines Herzens.
Während sie geschickt und zärtlich mit ihren schmalen Fingern in seinen dicken Haaren spielte, drang seine Lippe langsam in ihren kleinen Mund vor. Naß war die Berührung ihrer kurzen Zunge, als sie mit der seinen einen Tanz veranstaltete. Sie lockte, immer wieder und immer kurz, sie berührte geschwindt, und zog sich zurück; seine Zunge folgte ihr schnell, suchend in der Höhle der Liebe.
Seine Hände wanderten langsam an ihrem Körper, fühlend die sanfte Haut, zart wie die Schale eines der goldenen Apfel aus dem Garten der Götter, nicht zu straff, doch genauso wenig faltig und schrumpelig, genau richtig für das Verlangen des Mannes. Klobig und ungeschickt kamen ihm seine Hände vor, mit zu vielen Schwielen versehen, jede einzelne zuviel füpr die Berührung dieses zarten Geschöpfes. Er grub sich in ihr Haar, in das weiche Neste, er berührte ihre eleganten Ohren, ungeschmückt, nicht durchstoßen, denn kein Juwel der Welt hätte ihre Schönheit noch steigern können.
Seine Zunge versank in der hinter ihren saugenden Lippen, so taten es seine Gedanken, die in der Ekstase der Liebe undtergingen. Er fühlte Bewegung in seiner Hose, doch dann zog sie diese schnell und bestimmt herab. Sein Glied erhob sich, es kreiste vor ihr wie eine Hornisse vor dem Einflug in ihr warmes Nest.
Seine Hände spielten mit ihren samtenen Strähnen, während sie mit ihren Händen wundersame Dinge tat.
Es war, als würde die ganze Lust der Welt in ihnen liegen, in ihm und ihr, seiner Göttin der Liebe. Langsam schwand sein Atem, so andauernd dieser Kuß doch war. Doch mochte er seine Lippen nicht lösen von den ihren, als wären sie verwachsen, als wären sie zu einem ganzen verschmolzen. Der Geschmack des Meeres lag auf seiner Zunge, er sürute, wie sein Mund naß wurde und salzig. Er wollte seine Lippe von der ihren reißen, doch der Sog ihres Mundes war zu stark.
Sein Schrei erstickte in ihrem Mund, beraubt der nötigen Luft. Kaltes Wasser ran seine Kehle herab, der Geschmack des Todes ersetzt durch den des Salzes. Seien Augen öffneten sich weit vor Schreck, und aus nächster Entfernung starrte er auf die ihren, nun eisig und stechend, nicht mehr warm und sanft.
Er versuchte sie mit den Händen wegzustoßen, doch stahlhart lagen ihre Arme um seinen Kopf, daß er meinte, gleich müsse dieser bersten. Seine Lippen, eng an die ihren gedrückt, zerplatzen unter dem gewaltigen Sog, den ihre entfachten, und frisches Blut mischte sich mit salzigem Wasser in seinem Mund und in seiner Kehle.
Mit vor Entsetzen zitternder Hand griff er an seinen Gürtel, doch seinen Dolch konnte er nicht erreichen – mit einer Bewegung von ungeheurer Geschwindigkeit packte sie seine Hand, und das tat sie mit solcher Kraft, daß er meinte, die Knochen brechen zu hören. Doch nicht ein bißchen lockerte sie den Griff mit der anderen, nicht einen Deut ließ ihr Griff nach.
Seine letzte Kraft zusammennehmend schlug er nach ihr, doch sie schien es nicht zu spüren, als wäre sie eine Statue aus blanken Eis – und so fühlte sie sich auch an. Verzweifelt schnappte er nach Luft, doch stattdessen ran ihm eisiges Wasser des Meeres in die Lungen, füllte diese aus. Farben tauchten vor seinen Augen auf, Farben, die er nie gesehen hatte, und nie sehen wollte.
Sämtliche Glieder seines Körpers erschlafften, wie eine Puppe hing er in ihren plötzlich so starken, unnachgiebigen Armen. Während sein Herz zum letzten Mal mühevoll schlug, breitete sich eine wohltuende Schwärze vor ihm aus die nie mehr verging. Sie zog ihn mit sich, als sie sich von der Klippe in das Wasser hinunterstürzte.
Die Tochter des Meeres hatte sich ihr Opfer geholt.