Es gibt ja immer diese schöne Diskussion: warum gibt es keinen Infektionsausbruch nach den Anti-Corona-Demos?Die Frage ist natürlich berechtigt, und deswegen rechne ich das einfach mal.Nach heutigem Stand sind ca 20000 Infizierte in Deutschland. Anders gesagt: ungefähr jeder 4000. Dann hätten wir also bei 30000 Teilnehmern an der letzten Demo 7 Coronofizierte.Aber:1. jetzt ist das noch keine Garantie dafür, dass einer dabei ist. Da kommt erstmal wieder Wahrscheinlichkeitsrechnung ins Spiel und es gibt eine gute Wahrscheinlichkeit, dass weniger als 7 bis hin zu kein Infizierter dabei ist.2. Viele Infizierte tendieren doch eher dazu, zuhause zu bleiben, so dass die Wahrscheinlichkeit, überhaupt welche auf der Demo zu haben, noch geringer ist.Dann ist doch alles super?
Nein, denn man muss bei Risikobetrachtung immer zwei Dinge angucken:
1. die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Risiko eintritt.
2. die möglichen Auswirkungen. Und da kann dann halt ein Super-Spreader schon mal die Krankheit an bis zu 100 Leute weitergeben.
Das heisst dennoch: eine Demo ist doch kein Problem?Die Eindämmung der Ausbreitung geschieht vor allem durch Vermeidung von Kontakten. Bei allen Debatten um Mundschutz ist das noch immer die erste und wichtigste Maßnahme.Bei Großereignissen wie Bundesligaspielen und halt Demos hat man eine große Zahl von Kontakten. Jeder einzelne Kontakt bedeutet nur eine ganz kleine Chance, Corona zu bekommen.Nur die Masse macht es halt. Und Demos fügen – wenn man nicht Vorsichtsmaßnahmen wie Abstand und Masketragen einhält – halt dieser Masse einiges hinzu.Oder anders gesagt: um die Erhöhung der Ausbreitungswahrscheinlichkeit durch die Demo wieder auszugleichen, müssen halt sehr viele Leute auf Kaffeetrinken mit Ommma verzichten.
Ich bin tatsächlich der Meinung, dass Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen erlaubt sein müssen.Aber:
1. Man muss sich an die Corona-Maßnahmen halten. Das haben Bildern nach durchaus Demonstranten hinbekommen, viele aber nicht.
2. Man muss sich klar abgrenzen von Rechtsradikalen. Und zwar als Veranstalter und als Teilnehmer.
Das heisst nicht, dass eine Demonstration sofort schlecht ist, wenn Rechtsradikale dabei sind. Ich weiß ja nicht, wer genau dazugehört.Aber: wenn ich mitkriege, dass Rechtsradikale offen auftreten (z.B. mit Reichskriegsflaggen), dann muss ich die Konsequenzen ziehen und entweder mich der Sache stellen (z.B. einem spontanen Sprechchor „Nazis raus“) oder die Demonstration verlassen.Wenn ich ersteres nicht mache, weil ich nicht weiß, ob die anderen Teilnehmer mitziehen, sollte mir das zu denken geben und zwangsläufig zu zweiterem führen.
Zum Vorhinein:
1. Ich glaube eigentlich nicht, dass die Querdenken-Anführer rechts sind (wobei ich das nicht mit Sicherheit sagen kann). Aber: es fehlte vor der von diesen angemeldeten Demo die klare Aussage: wir wollen keine Nazis, wir wollen keine Flaggen aus dem deutschen Reich (das im übrigen die erste Zwangsimpfung auf deutschem Boden eingeführt hat).Was ich stark glaube: die Querdenker haben die Rechten als Beifang betrachtet, um größere Mengen an Demonstranten zu kriegen. Und das ist blauäugig und hirnverbrannt.
2. Das Verbot der Demo war dilletantisch. Das wirkte beinahe schon so, als hätte man Andy Scheuer die Begründung schreiben lassen. Und wenn dann noch ein SPDler sich hinstellt und im Zusammenhang mit dem Verbot verkündet „Ich bin nicht bereit, ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird“, dann schreit er ja förmlich nach Aufhebung des Verbots.Der Satz an sich ist vollkommen verständlich. Aber ihn im Zusammenhang mit dem Verbot zu sagen ist dämlich. Das ist einfach mindestens 6,0 auf der nach oben offenen Scheuer-Skala.