Bekannter Massen ist es im Schwimmbad ja üblich sich zu entkleiden, in
Schwimm- bzw. Badesachen zu schlüpfen – oder quetschen – je nach Figur,
den überzähligen Kram irgendwie in einen Schrank zu stopfen, jenen dann
abzuschliessen und den mit einem Bändchen versehenen Schlüssel am
Handgelenk mit sich herum zu tragen. Der dient dann zum Beispiel als
Pfand, falls man irgendwelche Dinge wie Bälle, Schwimmflossen, Brillen
oder ähnliches ausleihen will und wird bei der sportlichen Leitung
abgegeben.
Soweit so gut.
Nun geht also die enthusiastische
Mutter mit ihrem begeisterten Dreijährigen zum dort wartenden Großen ins
Schwimmbad. Der Kleine ist hoch motiviert und innerhalb von wenigen
Sekunden bereits ausgezogen. Seine Kleidung hat er optimal auf zwei bis
drei Quadratmeter unterschiedlicher Höhe verteilt und während Mama noch
in Socken und sonst nackig versucht den Badeanzug auf Rechts zu drehen –
immerhin war es das letzte Mal ziemlich peinlich unter der Dusche, hat
der begeistere Nachwuchs bereits das Türschloss entriegelt um hinfort in
den Gang Richtung Schwimmbad zu stürmen. Mama schafft es dann auch mit
Hilfe der alten Yoga Technik des von hinten um die Ecke biegenden Arms
den Sprössling einzufangen und ihn von drei weiteren Minuten Wartezeit
zu überzeugen – diesmal ohne Lecker – quetscht sich in den Anzug – ist
doch egal wie `rum man den anhat und – erstarrt aber nur für einen
Moment.
Aah! Unrasierte Achseln. Das geht gar nicht. Soviel zum
Thema: Jaja, mach ich später. – Gut, das ist auch anderen schon
passiert, aber man kann sich ja jetzt schlecht ein Schild umhängen –
„Sorry, die Kinder haben meinen Rasierschaum leer gemacht – bitte
weggucken!“ Und wieder gehen geht auch nicht, weil ja der Bademeister
netter Weise auf den Grossen aufpasst und man den Kleinen sowieso nur
zurück in seine Klamotten bekommt, wenn man ihm Hände und Füsse auf den
Rücken bindet.
Also, immer freundlich lächeln, die Arme nicht über
die Schultern heben beim Winken und so schnell wie möglich in Brust
hohem Wasser verschwinden. Gesagt, getan.
In den verbliebenen „Ich
bin ein friedliches Kind“ Sekunden wird die Gesamtheit der Klamotten
ohne weiteres Nachdenken zu mehreren großen Bällen geknüllt und samt
Schuhen so in den Schrank gestopft, dass einem nachher beim Öffnen die
Kindersachen zuerst entgegen springen. Geld einwerfen, Tür andrücken,
Schlüssel umdrehen. Schrank zu. Mist. Eintrittskarte vergessen – und
Jacke – und Handtücher. Schrank auf, Klamotten fangen, Handtücher
rausholen, Eintrittskarte und Jacke reinstopfen, Geld einwerfen, Tür
andrücken – jetzt fester, Schlüssel umdrehen. Schrank zu. Schlüssel
abziehen.
Mist. Kind verfolgen.
Unter lauten Rufen: „Nicht
rennen!“ in schnellem Schritt wird, ohne auszugleiten die Verfolgung
aufgenommen. Vielleicht fängt man den Kleinen ja noch vor der Dusche.
Ha! Behindertengerechte Tür mit Selbstöffnungsmechanismus. Super. Noch
ein Kurzstreckenspurt und geschnappt.
Mama nun ganz in ihrem
Sportlichen Element pfeffert alles was in ihren Händen ist – ausser
Duschzeug und Kind in eines der Regalfächer und geht dann unter grossem
Hallo in die abschliessbare Dusche. Immerhin hat der Kleine auf dem Weg
zum Schwimmbad mindestens zweimal angehalten, um Erdklumpen zu suchen
und auch sonst weist die Hautfarbe auf einen sehr aktiven Nachmittag
hin. Endlich, nach einiger Zeit des mannhaften Protestes kommt
tatsächlich eine entspannte Mutter mit einem rosigen Kind zum Vorschein
und wird mit seltsamem Augenaufschlag von zwei Teenagern gemustert, die
danach vielsagende Blicke wechseln, bevor sie selbst in der Dusche
verschwinden.
Der Badeanzug. Nein. Der ist richtig rum. Also rechts
ist rechts ist rechts und vorne und hinten sind bei diesem Modell… Oh
nein – die Achselhaare. Nichts wie ins Wasser.
Sie schnappt sich
Handtücher und Duschzeug, um sie zum nächsten Regal zu tragen, bläst die
Schwimmflügel auf und lässt sich schließlich, samt Kind ins Wasser
gleiten.
Gestoppte Zeit: 30 Sekunden.
Jetzt kommt der entspannte
Teil. Schwimmen, mit dem Kleinen schäkern, heimlich versuchen allen
anderen Frauen unter die Arme zu gucken, um sich nicht so alleine zu
fühlen.
Mist, man sieht die Achseln gar nicht. Nur die Unterarme mit dem Schlüssel.
Der Schlüssel.
Ja,
den hatten wir eben noch. Also irgendwo hatten wir den doch. Doch bei
den Handtüchern. Also in der Hand. Da war ja dieser Gedanke, dass man
ihn vielleicht sinnvoller Weise an den Arm machen könnte – immerhin ist
er ja dafür da. So mit dem Band und so.
Gut, jetzt ist er weg. Und
der Kleine will rutschen. Gehen wir also auf dem Weg zur Rutsche doch
mal eben am Duschen-Regal vorbei und hohlen ihn uns.
Soweit so gut.
Das
Kind auf den Rücken gepackt, es schreit auch weiter: „Ich will
rutschen.“ Geht es also unter gutem Zureden erstmal kurz zur Dusche. „Ja
Schatz, gleich, wir holen nur eben den Schlüssel.“
Hm. Kein
Schlüssel da. Bestimmt im andern Regal. Er steckte ja zwischen den
Handtüchern. Also nochmal an der Rutsche vorbei „Ich will rutschen!“ zum
anderen Regal. Handtücher raus nehmen, kein Schlüssel. Handtücher
ausrollen. „Ich will rutschen!“. Immer noch kein Schlüssel. Duschzeug
rausnehmen. „Ich will nicht duschen!“. Aber der Schlüssel bleibt
verschwunden.
Also. Kind auf dem Rücken lassen, nach vorne zur
Sportlichen Leitung marschieren. „Nein! Die Rutsche ist da!“ – „Ja,
Schatz, Mama muss nur noch eben…“ – „Ich will rutschen!“
„Hallo, ist hier ein Schlüssel abgegeben worden?“ – „Welche Nummer hat der denn?“
Hm.
Woher soll ich das wissen, wer guckt denn da drauf, man hat ihn ja am
Arm. Also gut, ich jetzt gerade nicht, aber…. – „Irgendwas mit 220
oder so.
Begeisterte Blicke. Das System baut darauf auf dass man
keine universellen Schlüssel verwendet, sondern es einfach für jedes
Schloss an jedem Schrank ein Schlüssel-Duplikat gibt. Genau eins.
„Ich kann den Schrank zeigen!“ (Glaube ich.) Und der Bademeister glaubt`s auch.
Wir
versammeln uns also vor den Schränken. Die nette Frau, die hier sauber
macht, ist auch gleich mal mitgekommen zum helfen. Welcher Schrank war
es denn jetzt. 223. Ganz sicher? Ganz sicher.
Also naja. Ziemlich. So sicher man halt sein kann. Gut sie sehen sich ja alle so`n bißchen ähnlich.
Der
freundliche Bademeister erklärt mit einem erschöpften Lächeln, er werde
dann auch die Schlüssel der benachbarten Schränke mal mitbringen. Also
223. Während der freundliche Bademeister auf Schlüsselsuche geht wird
die hilfbereite Dame vom Reinigungsteam in das wahre Geheimnis der
Zerstreutheit eingeweiht. „Ich will rutschen!“ Auch der kritische Blick
der Mädchen wird zum Thema.
Da Frau an sich ja nie weiß, Frau vom
Reinigungsteam aber so einiges erzählen könnte, über das man im weiteren
gar nicht nachdenken möchte, werden nun erstmal bei abgesetztem Kind
„Mama mir ist kalt!“ alle unverschlossenen Schränke auf dort deponierte
Kleider untersucht. Erfolglos. Der Bademeister ist inzwischen auch
zurück gekehrt und schließt das beanspruchte Fach auf. Das ist voll
hineingequetschter Sachen, auch Schuhe, leider Grösse 48 und grau.
Falsches Fach. Wir gehen erneut auf Suche. Jetzt kommt eigentlich nur
noch die 225 in Frage. Mist – falscher Schlüssel. Der Bademeister geht
nochmal los. Die Zurückgebliebenen überprüfen die Fächer ab 300. „Mama
ich will nicht nach Hause.“
Doch das Schicksal ist gnädig. Der
Bademeister ist schnell zurück und verkündet freundlich 225 scheine das
richtige Fach zu sein. Immerhin ist er von Kindersachen angesprungen
worden die jetzt mit derselben liebevollen Geste wie vor 20 Minuten in
Fach 227 eine neue Bleibe finden. Ebenso wie der restliche Krempel. Zwar
bleibt die Ermahnung, dass, sollte der Schlüssel verloren bleiben 50
Euro Kosten für die Verliererin des Tages zurück bleiben, allerdings
enthält die Jeans neben allen Ausweisen auch so viel Haushaltsgeld, dass
man davon durchaus noch drei weitere Schlüssel hätte in den Gulli
werfen können. Also werden beide Fächer wieder abgeschlossen, Schlüssel
227 ausgehändigt und angezogen und endlich kann der Gang zur Rutsche
angetreten werden.
Der Grosse hat im Übrigen in der Zwischenzeit
unter Aufsicht alle Badegäste zweimal gezählt und zwar nach Becken
sortiert und in der Gesamtheit, einer Bademeisterin schwarze Streifen
aufs T-Shirt gemalt, einen Apfel und eine ganze Brezel verdrückt.
Das Schwimmen geht in die zweite Runde. Achselhaare sind längst Nebensache geworden.
Tatsächlich
tauchen dann auch die beiden Teenies aus der Dusche wieder auf, die auf
Nachfrage dann auch wirklich nicht nur die Schlüsselnummer wissen,
denselben dann aushändigen – sie hatten ihn in die Tasche gesteckt und –
wie sie sagen, für ihren eigenen gehalten.
Ende gut, alles gut.
Nun
mit zwei Schlüsseln ausgestattet, wird noch ein solider
zweieinhalbstündiger Schwimmnachmittag daraus. Mit viel Spass auf allen
Seiten und ausreichender Rutschenbenutztung. Am Ende wird hektisch
geduscht.
Mama geht auch noch mal den Schlüssel holen, jetzt 227, der
war ja als Pfand bei der Sportlichen Leitung verblieben, im Gegenzug
gegen eine Schwimmnudel….
Wo war der nochmal zuletzt, im
Handtuch, als der Kleine aus dem zu tiefen Becken gefischt werden muss,
er hat jetzt gar keine Angst mehr…
Kinder unter die Dusche
gesteckt. Bei den Damenduschen kann man einen Rundlauf unter
verschiedenen Temperaturen machen und großes Geschrei veranstalten. So
weiss man immer wo die Kinder sind. Ist ein Selbstläufer.
Handtuch
gesucht, genommen, ausgeschüttelt, in Panik geraten, zur Badeliege
gerannt (Ja- man darf im Schwimmbad nicht rennen!) Schlüssel gefunden
und nicht mehr losgelassen, bis die Gesamtfamilie 30 Minuten später
unter viel Geschrei und Pallaver, der Benutzung von 3 Umkleidekabinen
und allen in die man von da aus kriechen kann, 2 Schränken, 2 Föhns, 47
Papierhandtüchern und einer Flasche Apfelschorle müde aber gut gelaunt
das Schwimmbad verlässt.