Der Kapitalismus ist eine feine Sache. Er ist so viel besser als der Kommunismus. Er bringt nur Vorteile. Nur nicht allen.
Scheinbar gibt es aber auch Nachteile. So kommen viele Leute momentan schlechter zu ihren Arbeitsplätzen. Und wer ist schuld? Die Idioten von der GDL. Mit Herrn Weselsky.
Da muss man was tun, da sind sich alle einig. Streiken dürften die doch eigentlich gar nicht. Weil Eisenbahnfahren so wichtig ist. Das fordern ganz viele. Sigmar Gabriel. Dobrindt. Vogt. Ach so, den kennen sie gar nicht: der gehört zu der kleinen Splittergruppe namens FDP, die noch unwichtiger ist als die GDL.
Warum dürfen die eigentlich streiken? Das durften die vor 25 Jahren noch gar nicht. Warum nicht? Weil die Lokführer da noch Beamte waren. Und die dürfen nicht streiken. Warum sind sie eigentlich nicht mehr Beamte? Weil der Bundestag da drüber abgestimmt hat. Und zwar fast einstimmig. Dagegen waren nur vereinzelte Abgeordnete, vor allen Dingen von der PDS.
Falls sie übrigens Politiker darüber ausfragen wollen: Frau Merkel war entschuldigt. Herr Schäuble war aber da.
War aber eine gute Idee, die Bahn zu entbeamten. Beamte sind nun mal teuer. Da kann man sehr viel sparen. Auf der anderen Seite darf dann halt der Arbeitnehmer streiken für seine Rechte.
Und jetzt verstehen wir auch, warum alle jammern, vor allem die Vertreter des Heuschrecken-Kapitalismus: FDP, CDU, CSU… Da hat doch keiner damit gerechnet, dass jemand von den privatisierten das System durchschaut und die Möglichkeiten ausnutzt. Warum sind eigentlich 1/3 der Zugbegleiter in der GDL? Tja, weiss ich auch nicht, warum die nicht zum Schoßhündchen der Bahn namens Transnet wollen…
Wofür streiken die GDLer? Um Geld geht es ja gar nicht mehr. Wobei 4,5% sich nach mehr anhört, als es ist… bis zur Einigung und mit der angedachten Laufzeit sind es 1,5% pro Jahr, das klingt doch etwas weniger. Die Boni der Bahnvorstände sind übrigens spontan mal um 123% gestiegen.
Auch bei Abbau von Überstunden der Lokführer ist schon Einlenken der Bahnspitze zu sehen. Dabei hatte man schon das Gefühl, allein das wäre der Untergang des Abendlandes.
Gestreikt wird für das Recht, für weitere Gruppen zu verhandeln, nicht nur für die Lokführer. Lustigerweise meine ich verstanden zu haben, dass das gerichtlich sogar schon als Gesetzeskonform angesehen wurde… aber ich scheine da falsch zu liegen.
Zwei Tarife in einer Firma gehen nicht, so sagt die Bahn. Dass sollten viele Firmen mal wissen, die nicht alle nach dem gleichen hohen Tarif bezahlen wollen. Viele Firmen leben hervorragend mit mehreren Tarifen.
Nebenbei: Weselsky streikt? Es sind ja schon über 75% der GDL-Anhänger, die das wollen. Da ist schon klar, warum Politiker jammern: so viel Zustimmung sind sie nicht gewohnt.
Für die Presse und die meisten Deutschen scheint die Tarifauseinandersetzung aber auf eine einfache Formel runterzubrechen sein: „Die Bahn: die Guten. Die GDL: die Bösen.“
Das sind dann häufig auch Leute, die ihre Aussagen mit „Ich bin 25 Jahre nicht mehr Bahn gefahren. Unflexibel, Preise steigen dauern, unpünktlich“ beginnen und dann darauf hinweisen, dass sie deswegen Auto fahren. Das wiederum ist natürlich immer pünktlich. Und die Benzinpreise sind natürlich auch immer gleich geblieben.
Spätestens morgen ist der Streik aber beendet, wenn Roland Pofalla vor die Presse tritt und ihn für beendet erklärt.
Und dann… geht es richtig los.
Verhandeln soll jetzt der Herr Platzeck. Großartiger Spaß. Genau der Mann, der sich darin auskennt, den Verkehr lahmzulegen. Der neue Berliner Flughafen erlaubte unerwartete Höhenflüge. Wobei die mangelnde Höhe der Flüge das unerwartete war.
Dem traue ich aber zu, dass er in 7 Tagen das Ergebnis abliefert. Aus Versehen zwischen Bahn und Lufthansa-Piloten, aber was soll’s.