Sehr geehrte Autobesitzer,
wir sind an ihrem Fahrzeug interessiert.
Wenn
Sie den Wagen früher oder später zu hervorragenden Konditionen
unkompliziert verkaufen wollen, dann rufen Sie uns bitte an. Wir kaufen
Gepflegte KfZ mit technischen Defekten jeder Art
Kfz mit hoher Laufleistung
Kfz ohne TÜV und in jedem Zustand.
So oder so ähnlich. Den ersten Zettel dieser Art fand ich am Tag meiner Übersiedlung nach Frankfurt an meinem Auto. Ich fühlte mich geschmeichelt. Haben schon Ahnung von Autos, diese Frankfurter. Können einen großartigen Wagen von einem Allerweltswagen unterscheiden.
Am nächsten Tag fand ich dann einen Zettel mit demselben Text, aber mit anderer Telefonnummer. Außerdem bemerkte ich, dass die anderen Autos in der Straße auch jeweils einen hatten. Lag wohl doch nicht an meinem Auto.
Mit der Zeit gewöhnte ich mich an die Zettelsammlung, die sich am Fußboden meines Beifahrersitzes auftürmte. Ich überlegte kurzzeitig, ob ich nicht ein Museum für „Wir sind an ihrem Fahrzeug interessiert.“-Zettel aufmachen könnte. Zum Spaß konzipierte ich sogar einen Business-Plan. Der Berater beim Arbeitsamt war sehr interessiert. Nur meine Frau sagte: „Such dir einen anständigen Job.“ Da kann man dann nichts machen. Vor kurzem habe ich gehört, dass der Berater sich mit einem Museum für amtliche Formulare selbstständig gemacht hat. Muss wohl ein Erfolg sein. Er hatte mich zur Eröffnung eingeladen. Die Einladung hat er einfach unter den Scheibenwischer geklemmt. Ich bin aber nicht hingegangen.
Manchmal waren die Dinger ganz praktisch. Zum Beispiel hatte eines hintern einen Kalender drauf. Der war zwar 5 Jahre alt, aber den konnte ich prima im folgenden Jahr verwenden. Toll. Ich pack den jetzt alle 6 Jahre oder so wieder aus.
Irgendwann ist mir aufgefallen, dass die Adresse immer in Limburg war. Die Telefonnummern änderten sich, auch die Namen der werbenden Firma und die Straße, aber niemals der Ort. Seitdem frage ich mich, was die ganzen Autos eigentlich in Limburg wollen. Da gibt es doch nix. Gut, da gibt es eine Autobahn. Für Autos ist das glaube ich ganz wichtig, eine Autobahn in der Nähe zu haben. Vielleicht leben in Limburg intelligente Autos, die die Weltherrschaft übernehmen wollen. Sie versuchen, immer mehr Autos nach Limburg zu bekommen. Dort wird ihnen ein Gehirn verpasst und sie werden auf Kurs gebracht. Einiges Tages werden dann Millionen von Autos Limburg verlassen und auf die Autobahn einbiegen. Sie werden konsequent Tempo 20 fahren. Nebeneinander. Nach 3 Wochen wird die Zivilisation in Europa zusammengebrochen sein. In Amerika ist sie es schon, seitdem Bush Präsident ist. Es hat nur noch keiner gemerkt.
Auch die Deutsche Bahn fährt nicht mehr, weil ihr Chef Mehdorn irgendwo auf der Autobahn verschollen ist.
Jetzt aber mal ehrlich: warum ausgerechnet Limburg? Stellt die Bahn da ganz viele Autos auf den Parkplatz des ICE-Bahnhofs, damit es da nach Betrieb aussieht? Dreht John Landis dort „Blues Brothers 2010 – Auf der Suche nach noch mehr kaputten Autos“ und braucht dafür einen Autofriedhof? Oder ist es ein Komplett der Limburger Stadtverordneten, um endlich auf ihre Stadt aufmerksam zu machen? Man weiß es nicht. Man weiß nur, das in Limburg mehr Bäume sterben für diese kleinen Zettel als überhaupt da sind.
Einmal haben wir es tatsächlich mal versucht. Der Zettel
war auch zu verlockend. Der Schreiber wollte sogar über Schwacke zahlen.
Wer auch immer dieser Herr Schwacke ist – unser Treffen mit dem
Einkäufer ergab, dass er wohl pleite sein muss. Gut, das Auto war schon
etwas älter. Das hatte meine Frau schon am Telefon gesagt. Dennoch ging
das Verkaufsgespräch ungefähr so:
„Nee, nee, dass das Auto schon so
alt aussieht, nee, nee. Das hätte ich aber nicht gedacht. Das lohnt sich
ja gar nicht, dass ich hierhin gekommen bin, nee, nee. Also,
normalerweise sind 15 Jahre alte Autos ja nicht so alt. Und hier: das
Lenkrad dreht sich auch schon. Und dann erst mal die Scheiben. Die sind
ja sogar so locker, die kann man hier runterdrehen. Nee, nee, da wollen
sie auch noch Geld für? Sie nehmen es auch von den Armen, was? Außerdem
hätten sie mal die Zettel vom Fußböden wegräumen können. Aber ich bin ja
nen Netter: ich geb Ihnen 10 Euro. Das ist nen Deal, was? Überlegen Sie
mal, was sie ansonsten für das Verschrotten ausgeben müssten.“
Nachts hatte ich dann einen eigenartigen Traum. Es find mit einem Zettel an:
Sehr geehrte Organbesitzer,
wir sind an ihren Innereien interessiert.
Wenn
Sie ihre Körper früher oder später ganz oder teilweise zu
hervorragenden Konditionen unkompliziert verkaufen wollen, dann rufen
Sie uns bitte an. Wir kaufen
Gepflegte Organe mit technischen Defekten jeder Art
Organe mit hoher Laufleistung
Organe ohne ärztlichem Check und in jedem Zustand.
Ich habe da angerufen und meine Leber angeboten.
„Ja Tach, Thurau hier, ich rufe an wegen meiner Leber.“
„Ja,
ich dachte, weil ich ja eh keinen Alkohol trinke, da brauche ich die
doch gar nicht. Können se haben. Ist in erstklassigem Zustand.“
„Laufleistung? Ja, ich weiß nicht. Ich bin jetzt 30. Und ich habe vielleicht einmal im Monat nen Bierchen getrunken.“
„Besichtigen? Klar, können sie machen. Ich bin zuhause.“
Die kamen dann vorbei und haben mich auf Herz und Nieren auseinandergeprüft. Einmal kleinen Schnitt und dann mal geguckt.
„Nee,
nee, dass die Leber schon so alt aussieht, nee, nee. Das hätte ich aber
nicht gedacht. Das lohnt sich ja gar nicht, dass ich hierhin gekommen
bin, nee, nee. Also, normalerweise sind 30 Jahre alte Lebern ja nicht so
alt. Das schwabbelt hier ja ganz schön rum. Und bluten tut das auch wie
Sau. Nee, nee, da wollen sie auch noch Geld für? Sie nehmen es auch von
den Armen, was? Aber ich bin ja nen Netter: ich geb Ihnen 10 Euro. Das
ist nen Deal, was? Überlegen Sie mal, was sie dafür ansonsten für das
Verschrotten ausgeben müssten. Ich leg ihnen sogar noch extra was rein.
Was hätten Sie denn gerne? Styropor oder lieber Schaumstoff?“
Ich habe den Traum jahrelang nicht veröffentlicht. Ich hatte immer Angst, Ulla Schmidt könnte auf Ideen kommen.